Humorkritik | Januar 2009
Januar 2009
Staatscomedy
Eine Eilmeldung erreicht mich aus den Blogs – ein Hinweis auf die Drucksache 16/10268 des Deutschen Bundestages. Demnach entwickelt die Bundeszentrale für politische Bildung zusammen mit Grundy Light Entertainment (der Firma, der wir etwa »Deutschland sucht den Superstar« verdanken) für die Zielgruppe »politikferner Jugendlicher mit schlechten oder gar keinen Schulabschlüssen« ein »wöchentliches Polit-Show-Format« – und beileibe nicht irgendeines! »Als Format wurde die Erzählform der Sketch Comedy gewählt, die es zum einen erlaubt, mehrere Themen zu plazieren, und zum anderen im Vergleich mit anderen Comedy-Formaten (Sitcom u. a.) unter Jugendlichen auch die größte Akzeptanz hat … Als verbindendes Element der einzelnen Sketche soll eine ›Presenterin‹ fungieren, die in ihrem (fiktiven) Video-Blog, die Sketche anmoderiert und mit ihrer eigenen Meinung kommentiert. Diese Form der Kommunikation ist Jugendlichen vertraut und bei ihnen beliebt (myspace.com, schülerVZ.net, studiVZ.net).« Im ganzen also ein abscheulicher Mix aus PR-Unflat, Anbiederei und Behaviourismus, dessen Projektname »Entwicklung eines adäquaten, niedrigschwelligen ggfs. Unterhaltungsorientierten Nachrichtenformats« allein schon ausreichen mag, bei sensiblen Menschen eine Hirnkolik auszulösen – nicht zu reden von »Sketchen«, in welchen eine dauerschwellige Presenterin politnahes Meinungsgekasper orientiertester Prägung zum besten gibt. Nein, der armen Jugend bleibt heute schon rein gar nichts erspart, ihre Akzeptanz ist einfach viel zu groß. Wer wird sie schützen vor dieser staatlicherseits verordneten und mit immerhin schon 30 000 Euro geförderten Humorsimulation? Ich rufe alle Mächte des Guten und Heiligen zum Beistand, ich rufe den Bund der Steuerzahler!