Humorkritik | Februar 2009

Februar 2009

Zweimal Kinofreude

Als Zentrum des Fünf-bis-Sechs-liebenswerte-Problemfiguren-werden-durch-geduldiges-Gutmenschentum-ein-kleines-Stückchen-weitergebracht-Films hat sich aus irgendwelchen mir dunklen Gründen Dänemark etabliert, wie nach den erfreulichen Kinoerfolgen »Italienisch für Anfänger« von Lone Scherfig (2000) und »Adams Äpfel« von Anders Thomas Jensen (2005) auch das jüngste Beispiel, Bard Breiens »Die Kunst des negativen Denkens«, beweist. Steht in den beiden erstgenannten Filmen jeweils ein Pfarrer, somit die Verkörperung der Mildtätigkeit, im Zentrum des Geschehens, vertritt der Protagonist des dritten Films, Geir, geradewegs die Gegenseite: den lebenshilfeverachtenden, actionvideoversessenen Grobian. Wie aus dessen rauher Schale zunehmend ein weicher Kern zutage blinzelt, ist um so vergnüglicher anzusehen, als sich die Filmhandlung fast gänzlich auf die Schilderung einer einzigen geselligen (und einigermaßen ausufernden) Zusammenkunft beschränkt – ich fühlte mich an Edward Albees Einakter »Who’s Afraid of Virginia Woolf?« und seine legendäre Verfilmung aus den Jahren 1962 bzw. 1966 erinnert. Hoch empfehlenswert, ist »Die Kunst des negativen Denkens« nur um eine Winzigkeit zu lang geraten – um den leicht koketten Filmtitel nämlich, und erst recht um dessen prätentiös-überflüssige Verwendung als Schlußwort.


Immerhin zwei festliche Gesellschaften bilden das Handlungs-Schwergewicht der arabisch-französischen Milieustudie »Couscous mit Fisch«, die sich zweieinhalb Stunden lang ausdehnt – ich mußte an der Kinokasse Überlängezuschlag berappen. Für eine Shortstory! Als veritable Geschichte nämlich kann, was da vorgeführt wird, nicht gelten; keine Handlungsstränge, vielmehr gerade mal Zündschnürchen sind’s, die sich durch den Film ziehen: Sie werden angesteckt und kokeln, Fort- und Ausgang der Katastrophe lassen sich allenfalls ahnen, präsentiert werden sie nicht. Meisterhaft und mit fellinimäßig breitem Pinsel ausgemalt, bieten die Szenen sogar auch drastische Komik.


Bisweilen ist es schlicht eine außergewöhnliche Art zu gehen, die zum Erkennungszeichen eines Komikers wurde (Chaplin liefert das berühmteste Beispiel) oder auch nur zum Erkennungszeichen dafür, daß das, was die Figur treibe, komisch gemeint sei. Analog ist es oft einfach die außergewöhnliche Gangart der Ereignisse, wodurch sich ein Film fürs komische Genre qualifiziert – in diesem Fall durch virtuos langsamen Fortgang. »Couscous mit Fisch«: im gutsortierten DVD-Regal.

  

Aktuelle Startcartoons

Heftrubriken

Briefe an die Leser

 Ein Vorschlag, Clemens Tönnies …

Ein Vorschlag, Clemens Tönnies …

Während Ihrer Zeit im Aufsichtsrat bei Schalke 04 sollen Sie in der Halbzeitpause einmal wutentbrannt in die Kabine gestürmt sein und als Kommentar zur miserablen Mannschaftsleistung ein Trikot zerrissen haben. Dabei hätten Sie das Trikot viel eindrücklicher schänden können, als es bloß zu zerfetzen, Tönnies!

Sie hätten es, wie Sie es aus Ihrem Job kennen, pökeln, durch den verschmutzten Fleischwolf drehen und schließlich von unterbezahlten Hilfskräften in minderwertige Kunstdärme pressen lassen können.

Aber hinterher ist man immer schlauer, gell?

Dreht Sie gern durch den Satirewolf: Titanic

 Prophetisch, »Antenne Thüringen«?

Oder wie sollen wir den Song verstehen, den Du direkt nach der von Dir live übertragenen Diskussion zwischen Mario Voigt und Björn Höcke eingespielt hast? Zwar hat der Thüringer CDU-Fraktionschef Höckes Angebot einer Zusammenarbeit nach der Wahl ausgeschlagen. Aber es wettet ja so manche/r darauf, dass die Union je nach Wahlergebnis doch noch machthungrig einknickt. Du jedenfalls lässt im Anschluss den Musiker Cyril mit seinem Remake des Siebziger-Lieds »Stumblin’ in« zu Wort kommen: »Our love is alive / I’ve fallen for you / Whatever you do / Cause, baby, you’ve shown me so many things that I never knew / Whatever it takes / Baby, I’ll do it for you / Whatever you need / Baby, you got it from me.« Wenn das nicht mal eine Hymne auf eine blau-schwarze Koalition ist!

Hätte sich dann doch eher »Highway to Hell« gewünscht: Titanic

 Hey, »Dyn Sports«!

Bitte für zukünftige Moderationen unbedingt merken: Die Lage eines Basketballers, der nach einem Sturz »alle Viere von sich streckt«, ist alles Mögliche, aber bestimmt nicht »kafkaesk«. Sagst Du das bitte nie wieder?

Fleht Titanic

 Vielen Dank, Claudia Schiffer!

Vielen Dank, Claudia Schiffer!

Die Bunte zitiert Sie mit der Aussage: »Um zu überleben, muss man gesund sein, und wenn man am gesündesten ist, sieht man einfach auch am jüngsten aus!« Gut, dass Sie diese Erkenntnis an uns weitergeben!

Geht jetzt zur Sicherheit bei jeder neuen Falte, Cellulitedelle und grauen Strähne zum Arzt:

Ihre greise Redaktion der Titanic

 Helen Fares, c/o »SWR« (bitte nachsenden)!

Sie waren Moderatorin des Digital-Formats MixTalk und sind es nun nicht mehr, nachdem Sie ein launiges kleines Video veröffentlicht haben, in dem Sie zum Boykott israelischer Produkte aufriefen, mit Hilfe einer eigens dafür programmierten App, die zielsicher anzeigt, wo es in deutschen Supermärkten noch immer verjudet zugeht (Eigenwerbung: »Hier kannst Du sehen, ob das Produkt in Deiner Hand das Töten von Kindern in Palästina unterstützt oder nicht«).

Nach Ihrem Rauswurf verteidigten Sie sich in einem weiteren Video auf Instagram: »Wir sind nicht antisemitisch, weil wir es boykottieren, Produkte von Unternehmen zu kaufen, die Israel unterstützen. Ein Land, das sich vor dem Internationalen Gerichtshof wegen Genozid verantworten muss, weil es Zehntausende von Menschen abgeschlachtet hat.« Da sich aber auch Deutschland vor dem Internationalen Gerichtshof wegen Beihilfe zum Genozid verantworten muss, war Ihre Kündigung beim öffentlich-rechtlichen Rundfunk ja ohnehin einvernehmlich, oder?

Kann es sich nicht anders vorstellen: Titanic

Vom Fachmann für Kenner

 Mitgehört im Zug

»Prostitution ist das älteste Gewerbe der Welt!« – »Ja, aber das muss es ja nicht bleiben.«

Karl Franz

 Back to Metal

Wer billig kauft, kauft dreimal: Gerade ist mir beim zweiten Sparschäler innerhalb von 14 Tagen die bewegliche Klinge aus ihrer Plastikaufhängung gebrochen. Wer Sparschäler aus Kunststoff kauft, spart also am falschen Ende, nämlich am oberen!

Mark-Stefan Tietze

 Vom Feeling her

Es hat keinen Sinn, vor seinen Gefühlen wegzulaufen. Man muss sich schon auch mal hinter einem Baum verstecken und warten, dass die das nicht merken und an einem vorbeiziehen, sonst bringt das ja alles nichts.

Loreen Bauer

 Konsequent

Die Welt steckt in der Spermakrise. Anzahl und Qualität der wuseligen Eileiter-Flitzer nehmen rapide ab. Schon in wenigen Jahren könnten Männer ihre Zeugungsfähigkeit vollständig verlieren. Grund hierfür sind die Verkaufsschlager aus den Laboren westlicher Großkonzerne. Diese Produkte machen den Schädling platt, das Plastik weich und das Braterlebnis fettfrei und wundersam. Erfunden wurden diese chemischen Erfolgsverbindungen von – Überraschung – Y-Chromosom-Trägern. Toll, dass sich Männer am Ende doch an der Empfängnisverhütung beteiligen.

Teresa Habild

 Dual Use

Seit ich meine In-Ear-Kopfhörer zugleich zum Musikhören und als Wattestäbchen verwende, stört es mich gar nicht mehr, wenn beim Herausnehmen der Ohrstöpsel in der Bahn getrocknete Schmalzbröckelchen rauspurzeln.

Ingo Krämer

Vermischtes

Erweitern

Das schreiben die anderen

Titanic unterwegs
17.05.2024 A-Linz, Posthof Max Goldt
18.05.2024 Wien, Rabenhoftheater Max Goldt
23.05.2024 Bielefeld, Theaterlabor Max Goldt
24.05.2024 Dresden, Buchladen Tante Leuk Thomas Gsella