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Nützliche Delikatessen

2022 wird ein wichtiges Jahr in der ruhmreichen Historie unserer französischen Nachbarn. Und das nicht bloß, weil dort im April Präsidentschaftswahlen stattfinden. Demnächst wird die UNESCO ihre Entscheidung verkünden, ob das Baguette als Lieblingsgebäck der "Grande Nation" in den Rang eines "Immateriellen Weltkulturerbes" aufsteigt! Obwohl in Zeiten von MC Donalds und Burger King kulinarisch längst obsolet geworden, ragt das Stangenbrot noch immer aus jeder zweiten Einkaufstasche und hat sich als Zugluft bekämpfender Türvorleger, rudimentärer Billiard-Queue oder handlich-robuster Schlagstock der Pariser Hauptstadt-Gendarmerie im Alltag der Franzosen etabliert. TITANIC verrät Ihnen, welche anderen europäischen Staaten trotz globalisierter Essgewohnheiten noch Chancen auf eine Erhöhung ihrer Spezialitäten in den UN-Adelsstand haben.    

Holland  
Nur hier konnte sich das glibberige Gebräu im Windschatten von rohem Hering und Fleischkroketten aus dem Snackautomaten einst zum unangefochtenen Lieblingsgetränk der Niederländer entwickeln. Doch das ist lange her. Heute wird Vla wegen seiner, dem Gilb ähnelnden Farbe überwiegend in Lehrkrankenhäusern zum infektiologisch unbedenklichen und geruchlosen Simulieren von entzündungsbedingten Ausflüssen verwendet. Zwar kann man die schlabbrige Puddingtünche in Baumärkten noch im 10 Liter-Eimer zum Bestreichen von Innenwänden im Eierlikör-Kolorit erwerben, insgesamt ist das Verhältnis unserer westlichen Nachbarn zu ihrem "favoriete drankje" in der Neuzeit aber deutlich erkaltet. Tatsächlich getrunken wird der "Mellow-Yellow"-Verschnitt wegen der Verwandtschaft in Wort und Bild sowieso nur noch vom quietschgelben V.L.A., dem "Verband liberaler Akademiker" – ausgerechnet bei den Treffen der "FDP-Moffen" im politischen Berlin.    

Welterbe-Prognose: Solange die feierwütigen Niederländer in ihren Fußballstadien das allgegenwärtige "Oranje" dem ungeliebten "Geel" vorziehen, geringe Aussichten auf Erfolg.  

15%  

 

Schweiz  
Selbst, wenn die sich im Mund verkantenden und beim Beißvorgang backenzahnspaltenden Getreideschrot- und Nusssplitter jüngst per Volksentscheid aus den Frühstücksschalen und Lebensmittel-Vorratsschränken der Eidgenossen verbannt wurden, genießt die einstige Nationalspeise in Brauchtum und Alltag von acht Millionen Schweizern immer noch allerhöchste Wertschätzung. So lebt ein ganzer Wirtschaftszweig von den zahllosen Schiffsladungen an Müsli, die im Auftrag eines Konglomerats internationaler Gebiss-Rekonstruktions-Profiteure von Basel aus über Rotterdam nach Übersee exportiert werden und dort bei den genauso wohlbeleibten wie obstipierten US-Bürgern für den Stuhlgang der Champions sorgen sollen. Aber auch die Gebrauchsmöglichkeiten im Inland sind so divers und mannigfaltig wie die vielsprachige Alpenrepublik selbst: Während Berner Geo-Entrepreneure mit künstlichen Endmoränen aus Müsli-Aufschüttungen die Gletscherschmelze auf dem Matterhorn aufhalten wollen, gibt es in den Reihen der Schweizerischen Nationalbank sogar Bestrebungen, die gewaltigen unterirdischen Reserven an ehemaliger Flockennahrung bei einem postapokalyptischen Neustart der Zivilisationen als globales Zahlungsmittel einzusetzen. Gut möglich also, dass das Zeug sogar die UNESCO überlebt!    

Welterbe-Prognose: Falls Müsli in den Schweizer Vorentscheidungen gegen die knallharte Konkurrenz (Raclette-Käse und Kartoffelrösti) gewinnt, ausgesprochen gut!  

80%.    

 

Italien  
Sei es als klassische Bolognese, Carbonara, Napoli oder Arrabiata: Nach dem jahrhundertelangen Monopol von Hartweizenspaghetti bei der täglichen Mirácoli-Speisung ehemals kinderreicher Großfamilien, hat die stecknadelschmale Teigware als Sattmacher der Massen in "Bella Italia" schon seit den 1970ern ausgedient. Während an deutschen Mittagstischen allein essende Schlüsselknirpse noch immer in wässeriger Tomatenmatsche schwimmende und sich auf der Gabel willkürlich entrollende, Stangenpasta hinunterwürgen müssen, verkaufen die Big-Player des italienischen Universalmarktes ihre rohen Kult-Produkte inzwischen lieber als vielfach verwendbare Multifunktions-Stäbchen: Egal, ob als anspruchsvolle Mikado-Sets für den taktil hochbegabten Tifosi-Nachwuchs, zu schmerzhaften Rutenbündeln gerollte Gadgets für den Domina-Basisbedarf, als Corona-Teststäbchen oder am Silvesterabend in Petroleum-Schwarzpulver-Marinade eingelegte, supergünstige DIY-Wunderkerzen. Eins wird sich im Land der Zitronen wohl auch in "diecimila anni" nicht ändern: Die Italiener lieben ihre Spaghetti!    

Welterbe-Prognose: Falls es gelingt, sich gegen den osteuropäischen Pirogen-Block durchzusetzen, gut!

65%    

 

Russland  
Im Gegensatz zu Sowjet-Zeiten, in denen man die extrem hefe- und kalorienhaltige Sahne-Teigspeise mit langer Magen-Verweildauer vereinzelt auch als Zement-Substitut für Plattenbauten nutzte, fanden die mit Butter, Hackfleisch, Sprotten, Kaviar oder gezuckerter Kondensmilch gefüllten Blini zuletzt nur noch als Verhandlungsmasse im Politbetrieb Verwendung. Bevor sich Russland mit dem Überfall auf die Ukraine endgültig aus der europäischen Wertegemeinschaft herauskickte, wurden die Monsterfladen nämlich westlichen Diplomaten während ihrer Besuche im Kreml als Hauptspeise, Dessert und gegen den kleinen Hunger zwischendurch kredenzt, um die trägen und von Blähungen geplagten Landesvertreter beim Aushandeln bilateraler Verträge anschließend hemmungslos zu übervorteilen. Die außerkulinarische Anwendung der Buchweizen-Wuchtbrummen beim Sport galt hingegen selbst im dopingfreudigen Russland schon immer als unerwünscht: Im legendären Finalkampf von Alexander Povetkin gegen Sultan Ibragimov um die russische Meisterschaft im Schwergewichts-Boxen, wurde letzterer disqualifiziert, weil er statt der völlig legalen Zimmermannsnägel und Eisenschrauben Blini in seine Handschuhe gestopft und sich auf diese Weise einen entscheidenden Wettbewerbsvorteil ergaunert hatte.    

Welterbe-Prognose: Falls Wladimir Putin sich nach übermäßigem Blini-Verzehr nicht von Fäulnisgasen aufgebläht in den Kosmos verabschiedet oder beim Furzen während einer Militärparade implodiert.

0%.                     

Patric Hemgesberg

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Heftrubriken

Briefe an die Leser

 Prost und zum Wohl, lieber Lidl!

Rückblickend möchten wir uns noch einmal für Dein schönes Angebot »Freude schenken zum Vatertag« bedanken, bei welchem Du auf acht Plastikflaschen Deines ohnehin schon extrem billigen Perlenbacher Pils aus lauter Herzensgüte einfach eine neunte gratis obendrauf gelegt hast!

Und warum, Lidl? Weil Du ihre Herzen (und Lebern) in- und auswendig kennst und daher weißt: Erst die neunte Flasche ist es, die Männern regelmäßig die unverfälschte, überschäumende Freude bringt!

Nach Diktat vom Bürostuhl gekippt und sogleich eingepennt:

Deine »Jungs« von Titanic

 Jawoll, Ijoma Mangold!

Jawoll, Ijoma Mangold!

Im Zeit-Feuilleton sinnieren Sie ausführlich über die Verbissenheit, mit der politische Debatten mittlerweile geführt werden, und darüber, wie Humor und Heiterkeit gegen diese helfen können.

Ihren Essay schließen Sie mit der Feststellung, »dass Demokratie nicht mehr als funktionales Rollenspiel begriffen wird, dessen primärer Zweck es ist, einen zivilen Machtwechsel herbeizuführen, sondern als Kampf um Leben und Tod. Vielleicht sollten wir uns öfter Perücken aufsetzen? Selbstironie ist nämlich die beste Form der Gewaltenteilung und könnte die Politik davor retten, sich im Stellungskrieg einzubunkern.«

Manch eine/r mag sich fragen, was zur Hölle Sie hier sagen wollen. Doch unsereins erkennt sogleich, was Sie beabsichtigen: Ihr Text soll nicht nur ein Appell gegen den heiligen Ernst und die Verbissenheit in der Politik sein, sondern diesen auch direkt etwas entgegensetzen, nämlich Nonsens! Als Fachleuten fällt uns das sofort auf.

Lupft die Perücke zum Gruß: Titanic

 Ähm, »Radio Wuppertal«?

Vielleicht solltest Du aus Gründen der Motivationsförderung dem Online-Redakteur, der die Meldungen für Deine Internetseite abtippt, wenigstens Mindestlohn zahlen oder ihm ab und an eine warme Mahlzeit hinstellen. Denn sonst wird eine Überschrift wie »Messerangriff oder so in Unterbarmen« nicht die letzte ihrer Art gewesen sein.

Gut gemeinter Ratschlag oder so von Titanic

 Die Frage, »Spiegel«,

»Wer ist Nemo?«, die Du im Anschluss an den Eurovision Song Contest auf einem Sharepic verbreitetest, können wir Dir beantworten: ein Niemand.

Also kümmere Dich nicht weiter drum, rät Dir

Deine Titanic

 Lass Dich nicht unter Druck setzen, »Stern«!

Du versuchst, dem Phänomen Taylor Swift auf den Grund zu gehen, und erklärst, was die Sängerin für Dich einzigartig macht: »Eine Sache, die es in der Musik so noch nicht gab: Nähe und Fühlbarkeit und den Wunsch, nicht mehr weghören zu wollen, wenn ein Lied von ihr im Radio läuft.«

Aber, Stern, Du musst Dich doch nicht verbiegen! Wenn Du nun mal weghören willst, wenn »Cruel Summer«, »I Knew You Were Trouble« oder »Anti-Hero« gespielt werden, darfst Du da auf Dich hören und diesem Bedürfnis Raum geben!

Versichert Dir und schickt obendrein noch ganz fühlbare Grüße:

Deine Titanic

Vom Fachmann für Kenner

 Körper-Wunder Mensch

Wussten Sie schon, dass Finger- und Zehennägel den Hauptteil ihres Wachstums ausgerechnet in der Zeit, während der man nicht hinsieht, absolvieren? Man lernt nie aus …

Theobald Fuchs

 Klare Empfehlung

Dank der Paarberatung gelang es uns, unsere Beziehung gemeinsam sanft und behutsam in die Tonne zu legen anstatt zu kloppen.

Leo Riegel

 Unterirdischer Anlagetipp

Viele Vermögende kaufen Gold oder Kunstwerke, um ihren Reichtum gegen Inflation etc. abzusichern. Dabei gäbe es Investments, die wahrlich auf die Ewigkeit verweisen: Reliquien. Reliquien wären Finanzprodukte mit Hand und Fuß, die nicht nur die Überreste der Heiligen, sondern auch das eigene Kapital konservierten. Einen Namen gäbe es auch schon für diese geniale Anlageoption: »Krypta-Währung«.

Jürgen Miedl

 Beim Marktstand mit dem schlechten Verkäufer

»Entschuldigung, dürfte ich die zwei Gurken da hinten links haben und drei kleine Äpfel?«

»Nein!«

Laura Brinkmann

 Ungelogen

Allen, die nicht gut lügen können, aber mal einen freien Tag brauchen, sei folgendes Vorgehen empfohlen: Morgens beim Arbeitgeber anrufen und sich krankmelden mit der absolut wahrheitsgemäßen Begründung: »Ich habe Schwindelgefühle.«

Steffen Brück

Vermischtes

Erweitern

Das schreiben die anderen

Titanic unterwegs
29.06.2024 Aschaffenburg, Kunstgarage Thomas Gsella
02.07.2024 München, Astor Kino Filmpremiere »Hallo Spencer – der Film«
17.07.2024 Singen, Gems Thomas Gsella
19.07.2024 Hohwacht, Sirenen-Festival Ella Carina Werner