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Augen auf beim Eierkauf!

Ostern steht vor der Tür – das ist nicht einfach für kritische Konsumenten! Deutschland hamstert Eier wie nie zuvor – auch, um etwas zum Werfen zu haben, falls Putin zu Karfreitag Deutschland überfällt. Etwa 25% der weltweiten Eierproduktion wird in Deutschland gegessen – als Frühstücksei, im Eierkuchen oder als Rührei in der Bundestagskantine. Der Fipronil-Skandal von 2017 ist zwar sooo 2017, das Pflanzenschutzmittel ist wieder da, wo es hingehört: auf den Pflanzen und nicht mehr in den Eiern, aber nach dem Lebensmittelskandal ist bekanntlich vor dem Lebensmittelskandal und der kritische Verbraucher ist – wie in jeder Krise – wieder einmal kritischer geworden.

So auch Sören Altmann. Wir haben den 29-jährigen, mündigen Konsumenten und kritischen Kunden bei seinem Eierkauf mit versteckter Kamera begleitet: Sören Altmann ist umwelt- und gesundheitsbewusst, politisch engagiert, Tierfreund und allergisch auf Erdnüsse, Sellerie und lustige Tiermemes bei Facebook. Zunächst schlendern wir durch den Supermarkt. Eier stehen in deutschen Discountern bekanntlich bei der H-Milch, also entweder bei den Kühlregalen, neben den Müslis und Marmeladen, bei den Nudeln oder bei den Backzutaten. Wir haben Glück. Es dauert nicht lang und wir werden bei Tee und Kaffee fündig. Sören Altmann bleibt vor dem mannshohen Regal stehen, begutachtet das Angebot und spricht dann beherzt eine vorbeieilende Verkaufsfachperson an, die uns nicht bemerkt hatte.

"Guten Tag, ich möchte Eier."

"Welche Farbe? Wir haben gesprenkelte, gelbe, rote, blaue ..." 

"Rote? Blaue?" Sören Altmann ist verwirrt, er hatte mit weißen oder braunen gerechnet. Eierschalenfarben eben.

"Angemalte. Und vorgekocht."

"Wieso?"

"Zum Essen."

"Jaja, schon klar, aber wieso angemalt?"

"Der Kunde möchte das so. Das war zu Ostern 1994 der große Renner, Seitdem bieten wir rund ums Jahr bunt angemalte und vorgekochte Eier an.  Weil das so ein großer Erfolg war. Seit 1994."

"Aber damit kann ich nicht kochen oder backen."

"Nein."

"Ich möchte aber backen." Er zeigt auf die letzte Packung Mehl, die er ergattern konnte. 

"Dann brauchen Sie rohe Eier."

"Genau, was haben Sie denn da an rohen Eiern?"

"Also, wir haben Bio-Eier, wir haben welche ohne Genfutter, welche aus Bodenhaltung, welche aus Freilandhaltung, welche aus der regionalen Umgebung, welche von Hühnern, deren Schnäbel nicht gekürzt werden und welche, wo die männlichen Küken nicht nach dem Schlüpfen geschreddert werden."

Sören Altmann ist verwundert: "Geschreddert? Wieso das denn?"

"Männliche Hühner legen keine Eier. Wenn man die jetzt mit aufzieht, kostet das Geld und die Eier werden teurer."

"Aha. Gut, dann hätte ich gern, äh, Bio-Eier von Hühnern ohne gekürzte Schnäbel aus Bodenhaltung, wo die Küken nicht geschreddert werden aus der Region."

"Welche Region?"

"Na, aus der Umgebung."

"Lieber regional oder lieber regionational?"

"Regionational?"

"Da kommt der gesamte faire Preis den biodeutschen Bio-Bauern zugute. Ohne Fremdarbeiter."

"Nein, ich hätte lieber nur regionale Eier." 

"Da hätten wir nur regionale Eier mit Futter aus Gentechnik aus Freilandhaltung mit ungekürzten Schnäbeln."

"Ungeschreddert?"

"Ungeschreddert nicht aus der Region, aber mit ungekürzten Schnäbeln und ohne Futter aus Gentechnik."

"Und Bio-Eier?"

"Bio hätten wir ohne Genfutter, aus der Region, aber nicht mit ungekürzten Schnäbeln."

"Und ungeschreddert?"

"Ja, bio und ungeschreddert, aber nicht freilaufend, dafür mit Gentechnikfutter."

"Bio und Futter aus Gentechnik."

"Ja, gentechnisch verbessertes Futter, aber bio angebaut."

"Nein, ich möchte gar keine Gentechnik."

"Also, ohne Gentechnik hätten wir nur mit geschredderten Küken, bio, regional aber eher aus der mittelbaren Region."

"Mittelbar?"

"Westukraine, aber die sind gerade aus. Lieferschwierigkeiten."

"Fairtrade?"

Die Verkäuferin schüttelt den Kopf. "Fairtrade haben wir nur aus den afrikanischen Ländern, dafür aber bio und mit gekürzten Schnäbeln. Das ist da Tradition"

"Aha."

"... aber nicht freilaufend. Und angemalt."

"Also auch gekocht."

"Ja."

"Aus Afrika."

"Das machen die da gern, das Anmalen."

"Wer?"

"Die Kinder."

"Ich möchte keine Eier, die mit Kinderarbeit ... ich will Eier ohne gentechnisch hergestelltes Futter aus der Region, mit ungeschredderten Küken, ungekürzten Schnäbeln, fairtrade gehandelt und ohne Kinderarbeit." Sören Altmann wird ein bisschen laut.

"Eier ohne gentechnisch hergestelltes Futter aus der Region, mit ungeschredderten Küken, ungekürzten Schnäbeln, fairtrade gehandelt und ohne Kinderarbeit", wiederholt die Verkäuferin langsam. "Da haben wir leider gar keine Nachfrage für. Aber wir haben Eier ohne Genfutter von ungeschredderten Hähnen mit ungekürzten Schnäbeln aus freilaufenden Bodenhaltung aus Pakistan."

"Sind die frisch?"

Die Verkäuferin zuckt mit den Schultern."Hängt von der Kühlkette ab."

"Und wie ist das mit dem CO2-Fußabdruck?"

"Der ist total gering, Hühner haben ja ganz kleine Füße."

"Dann hätte ich gern zehn Stück."

"Die verkaufen wir nur in Sechser-Packungen. Wenn sie zwei Sechser-Packungen nehmen, haben sie sogar zwölf Eier."

Sören Altmann schüttelt traurig den Kopf, bedankt sich für die Beratung und verlässt ohne Eier den Supermarkt. Er geht zum nächsten Tierladen und legt sich dort ein eigenes Huhn zu.

Michael-André Werner

Aktuelle Startcartoons

Heftrubriken

Briefe an die Leser

 Kunststück, »Welt«!

Im Interview mit der Rheinischen Post beschwerte sich Sängerin Cyndi Lauper darüber, dass Frauen ständig auf ihr Alter reduziert würden. Aus diesem Statement hast Du, Welt, nicht nur geschafft, einen ganzen Artikel zu stricken, Du hast auch noch äußerst subtil Deinen eigenen Standpunkt zur Causa klargemacht und Laupers Aussage folgendermaßen zusammengefasst: »Popsängerin Cyndi Lauper hält es für sexistisch, Frauen nach ihrem Alter zu fragen: ›Alter ist eine Kategorie, die benutzt wird, um uns kleinzuhalten‹, sagte die 71jährige.«

Wie clever von Dir! Indem Du das Alter genüsslich anmerkst, hast Du es der meckernden alten Frau aber mal so richtig gezeigt! Andererseits: Es nötig zu haben, aus Interviews anderer Zeitungen Artikel zusammenzukloppen – lässt das nicht Dich und Deinen angeblichen journalistischen Anspruch auch ziemlich alt aussehen?

Fragt Dein greises Kollegium von Titanic

 Eine Frage, »Welt«-Newsletter …

Du informiertest Deine Abonnent/innen mit folgenden Worten über die Situation nach dem Hoteleinsturz in Kröv: »Bisher wurden zwei Menschen tot geborgen, weitere konnten verletzt – aber lebend – gerettet werden.« Aber wie viele Menschen wurden denn bitte verletzt, aber leider tot gerettet?

Rätselt knobelnd Titanic

 Es tut uns aufrichtig leid, Alice und Ellen Kessler (die Kessler-Zwillinge),

Es tut uns aufrichtig leid, Alice und Ellen Kessler (die Kessler-Zwillinge),

dass Ihre Kindheit, wie Sie im Bunte-Interview erzählten, von der täglichen Gewalt eines trinkenden Vaters geprägt war. Ganz überraschend kommt Ihr Geständnis vom besoffenen Prügelpapa allerdings nicht. Man hätte sich schließlich denken können, dass dieser Arsch dauernd doppelt gesehen hat.

Verdient im Gegensatz zu Ihnen für diesen Gag auf jeden Fall Schläge: Titanic

 Puh, »Frankfurter Rundschau«!

»Während im Süden Europas weiter enorme Hitze herrscht, sorgt ein kurzweiliges Tief in Deutschland für eine Abkühlung.« Es bleibt aber dabei: Die Tiefs sorgen für Abkühlung, und für die Kurzweil sorgen Deine Sprachkapriolen. Nicht durcheinanderbringen!

Warm grüßt Titanic

 LOL, Model Anna Ermakova!

Im Interview mit der Süddeutschen Zeitung verrieten Sie Ihre sprachlichen Ambitionen: »Ich möchte unbedingt lernen, Witze auf Deutsch zu machen. Ich will die Leute zum Lachen bringen, ohne dass sie nur über mich lachen«. In Deutschland fühlten Sie inzwischen »eine solche Wärme«.

Der war schon mal gut!

Loben die Witzeprofis von Titanic

Vom Fachmann für Kenner

 Fachmann fürs Leben

Im Gegensatz zur Schule hat man im Zivildienst viele nützliche Dinge gelernt. Zum Beispiel, dass man die Körper von Menschen, die sich selbst nicht mehr bewegen können, regelmäßig umlagert, damit keine Seite wund wird. Um anhaltenden Druck auf die Haut zu minimieren, wende ich auch heute noch die Pfirsiche in der Obstschale alle paar Stunden.

Friedrich Krautzberger

 Aus einer Todesanzeige

»Wer sie kannte, weiß was wir verloren haben.« Die Kommasetzung bei Relativsätzen.

Frank Jakubzik

 Unwirtliche Orte …

… sind die ohne Kneipe.

Günter Flott

 Zero Punkte für den Underdog

Nach meinem Urlaub in Holstein möchte ich an dieser Stelle eine Lanze für die oft zu Unrecht belächelte Ostsee brechen. Jene, so heißt es, sei eigentlich gar kein richtiges Meer und habe ihre unwürdige Existenz bloß einer brackigen XXL-Schmelzwasserpfütze zu verdanken. Wellen und Brandung seien lächerlich, die Strände mickrig und das Leben unter Wasser mit der Artenvielfalt in einem Löschtümpel vergleichbar. Außerdem habe ein Gewässer, in das man vierhundert Meter hineinschwimmen und danach selbst als Siebenjähriger noch bequem stehen könne, das Prädikat »maritim« schlicht nicht verdient. Vorurteile, die ich nur zu gerne mit fantastischen Bildern und spektakulären Videos widerlegen würde. Doch daraus wird dieses Mal nichts. Leider habe ich meine kompletten Küsten-Campingferien aus Versehen im »Freibad am Kleinen Dieksee« verbracht und den Unterschied erst zu spät bemerkt!

Patric Hemgesberg

 Abschied

Juckeljuckeljuckel,
Das Meer liegt hinterm Buckel,
Dort vorne, da ist Dover,
Da ist die Reise over.

Gunnar Homann

Vermischtes

Erweitern

Das schreiben die anderen

  • 18.09.: TITANIC-Zeichnerin Hilke Raddatz ("Briefe an die Leser") ist mit dem Wilhelm-Busch-Preis geehrt worden. Die SZLZ und der NDR berichten.
  • 12.09.:

    "Heute detoxe ich im Manager-Retreat im Taunus": TITANIC-Chefredakteurin Julia Mateus im Interview mit dem Medieninsider.

  • 29.08.:

    Die FR erwähnt den "Björnout"-Startcartoon vom 28.08.

  • 27.08.: Bernd Eilert schreibt in der FAZ über den französischen Maler Marcel Bascoulard.
  • 27.03.:

    Bernd Eilert denkt in der FAZ über Satire gestern und heute nach.

Titanic unterwegs
24.09.2024 Oldenburg, Jasper-Haus Bernd Eilert
24.09.2024 Stade, Stadeum Hauck & Bauer und Thomas Gsella
25.09.2024 Leichlingen, Bürgerhaus Hauck & Bauer und Thomas Gsella
26.09.2024 Lüneburg, Spätcafé im Glockenhof Ella Carina Werner