Inhalt der Printausgabe
Die PARTEI informiert
Martin Sonneborn (MdEP)
Bericht aus Brüssel
Folge 26
»Ach Europa!«
Hans Magnus Enzensberger
Straßburg, Plenarsaal
Ich glaube, es hackt. Was hat denn das noch mit Demokratie zu tun? Auf meinem Stammplatz ganz links hinten außen, fein durch ein halbes Dutzend freier Sitze vom Rest der fraktionslosen Abgeordneten separiert, sitzt ein etwa 50jähriger Mann mit Dreitagebart & blauem Anzug. Und spricht ebenso laut wie italienisch in sein Handy. Ein Abgeordneter offenbar, mit einem ganzen Haufen Papiere vor sich, den ich jetzt, zwei Minuten vor Beginn der Sitzung, tatsächlich empört anraunze: »Eeeh, Collega, das ist mein Platz. Ich sitze hier seit über fünf Jahren, diesen Platz habe ich noch von Präsident Martin Chulz erhalten. Ehrenhalber.« Der Italiener bedeutet mir gestikulierend, dass er gerade telefoniere, und telefoniert ungerührt weiter. Ich nehme neben ihm Platz und sinniere noch, ob man eher ›Andiamo‹ oder ›Usciamo alla porta!‹ sagen würde, um die Sache draußen endgültig zu klären, da beginnen die Abstimmungen.
Am nächsten Tag bin ich zehn Minuten früher im Plenum und verteile demonstrativ Sachen über meinen Sitz und den Nachbarplatz. Der Italiener lässt sich nicht blicken. Aus Langeweile suche ich sein Gesicht in der MEP-Liste und google kurz. Danach beschließe ich, zukünftig etwas defensiver zu sein. Angelo Ciacco, genannt »die Bulldogge« (La Repubblica), gehört zur italienischen Rechtsradikalenpartei Lega und war wegen zu guter Kontakte zur ’Ndrangheta schon zu Haftstrafen verurteilt worden. Im Parlament saß er eigentlich nur, weil mein alter rechtsradikaler Lega-Kumpel Gianluca Buonanno, der 2014 ein Jahr lang bei den fraktionslosen Abgeordneten war, einmal zu viel Gas gegeben hatte.
Buonanno hatte im Parlament seinerzeit Vergnügen daran gehabt, mit Merkel-Maske herumzulaufen, wenn Jean-Claude Druncker Reden hielt, und in einem Merkel-mit-Hitlerbärtchen-Shirt, wenn die deutsche Kanzlerin zu Besuch kam. In meiner persönlichen Rangliste »Hitlergruß im vollbesetzten Plenarsaal« lag er auf einem guten 3. Platz, politisch vertrat er die Ansicht, dass Schwule an allem schuld seien, war außerhalb des Plenums (und im italienischen TV) gern mit einer Schusswaffe unterwegs und kam schließlich bei einem Verkehrsunfall ums Leben. Sein Pech war Ciaccos Glück, der stand direkt hinter Buonanno auf der EU-Liste.
Brüssel, Café Belga
In Deutschland wird ein Verbot der AfD diskutiert. Ein Parteienverbot? Als ich Deutschland verlassen habe, galt das Land in Amateurkreisen noch als recht gefestigte Demokratie. Eine krakeelende Protestpartei, die im Osten von 20 bis 30 Prozent der Bürger gewählt wird, verbieten? Eigentlich eine ausgezeichnete Idee! Und ich habe gleich ein Thema für die Ein-Minuten-Reden am Montagabend in Straßburg.
Straßburg, Plenarsaal
Zum Glück leitet heute Vizepräsident Pedro Silva Pereira die abendliche Sitzung, ein freundlicher, ruhiger, grauhaariger Portugiese und Sozialist. Meine Rede ist aus Versehen etwas lang geraten, schätzungsweise 1 Minute 15, und konservativere Vorsitzende wie der doofe Schwabe Rainer Wieland würden mir nach spätestens 59,99 Sekunden das Mikrophon abstellen. Der Saal ist nicht übervoll, Montag ist Anreisetag. Klar und deutlich höre ich den Übersetzer meinen Namen aufrufen: »Der nächste Redner: Herr Schöneborn. Äh, Sonneborn bitte!«
»Vielen Dank, Herr Vorsitzender!
Kanzler Scholz hat am Wochenende seinen Sonntagstee mit korrupten Bankern abgesagt, Außenministerin Baerbock ihre Termine mit Visagist und Logopädin. Beide sind lieber für den ›Kampf gegen Rechts‹ auf die Straße gegangen. LOL!
Dabei ist die Ampel-Regierung doch die eigentliche Geheimwaffe der AfD: Gasumlage, Heizungsgesetz, Kerosinsteuer, Bauernopfer – in Berlin regiert bornierter Unverstand; zu Lasten derjenigen, die es sich am wenigsten leisten können. Selbstverständlich bin ich dafür, die dämliche AfD in Deutschland zu verbieten. Aus Gründen der Demokratiepflege fordere ich aber ein gleichzeitiges Verbot von Grünen, CDU, SPD, CSU und FDP. Insbesondere von Frau Strack-Rheinmetall!
Am dringlichsten wäre natürlich das europaweite Verbot von Kommissionspräsidentin vonderLeyen. Mit immer irrwitzigeren Schachzügen – und ohne Rücksicht auf demokratische Verfahren oder internationale Rechtsgrundsätze – hat sie die Europäische Union in den wirtschaftlichen, geopolitischen und moralphilosophischen Ruin getrieben. Wir fordern ihre Remigration aufs Altenteil. Und zwar flott … Vielen Dank fürs Überziehenlassen!«
→ Sachdienliche Hinweise aus dem Netz
Tzulii: Köstlich
Kornelia Machelett: Zu wem hat der gute Mann gesprochen? Es ist ja keiner im Saal.
Brüssel, EU-Parlament
»Art in Democracy« heißt die Ausstellung, die ein halbes Jahr im Parlament in Straßburg zu sehen sein wird. Die Kunstwerke trügen dazu bei, »das Bewusstsein zu schärfen, dass man sich für die demokratischen Freiheiten einsetzen, wachsam bleiben und an so wichtigen Entscheidungen wie den Wahlen zum EU-Parlament beteiligen muss«.
Schon klar, aber warum hängt eigentlich kein Gemälde von sagenwirmal Rudi Hurzlmeier dazwischen? Ich bitte Büroleiter Hoffmann, für Juni eine der öffentlichen Ausstellungsflächen im Parlament zu buchen. Dann fragen wir Hurzlmeier, der kürzlich in Brüssel zu Besuch war, ob er Lust hätte, seine Sicht auf die EU einmal auf Papier bzw. Leinwand zu bringen. Er hat.
Die Räumlichkeiten, die uns die Parlamentsverwaltung zur Verfügung stellt, sind eher spartanisch – ein paar blanke Stellwände in einem Durchgangsraum –, aber wir wollen nicht kleinlich sein. Mein Büro sammelt die schönen EU-Motive, die uns Rudi aus München zukommen lässt, stellt einen kleinen Ausstellungskatalog zusammen, und organisiert Druck & Anlieferung. Parallel geht der Katalogentwurf an die Verwaltung, die die auszustellenden Inhalte gerne vorab sehen möchte.
Brüssel, EU-Parlament
Auf dem Weg zwischen Traktor-Bar und Plenarsaal ist einiges los. Es ist Donnerstagmittag, die Aussprachen sind beendet, die Abgeordneten drängen ins Wochenende. Weiter vorne blitzt etwas auf, eine Betonfrisur in Silber auf geringer Höhe. Ist Frau vonderLeyen jetzt komplett verrückt geworden? Ah, nein, Entwarnung, es ist nur Thierry Breton, der französische »Kommissar für Binnenmarkt, Dienstleistungen, Verteidigung und Raumfahrt«. Breton ist der Mann, der die Zensurund Überwachungspolitik der EU gestaltet. Ich würde ihn auch sonst nicht mögen, Fachleute schätzen sein Vermögen auf rund 200 Millionen; und zigfache Millionäre sollten grundsätzlich keine Führungspositionen bekleiden, wenn es um das Wohl von 450 Millionen Bürgern geht. Bretons nächstes Hobby wird übrigens die Nachlassverwaltung des zweitgrößten Privatvermögens der Welt sein, des größten in Europa. Es gehört Bernard Arnault, Mehrheitseigner des Luxusgüterkonzerns LVMH mit den Marken Louis Vuitton, Moët & Chandon, Hennessy etc., praktischerweise hier in Belgien geparkt.
Als ich ihn passiere, überlege ich, ihn freundlich in seiner Landessprache zu begrüßen, auf Wolof. Ein freundliches »Naka nga def, góor Breton?« sollte der Höflichkeit eigentlich Genüge tun. Was viele europäische Bürger gar nicht wissen, Breton ist – ungeachtet seiner auffällig weißen Hautfarbe – Senegalese. 2015 wurde ihm (und seiner Frau) vom nicht allzu demokratiebegeisterten Präsidenten des Senegal (zusätzlich) die senegalesische Staatsbürgerschaft verliehen. Zwar müssen EU-Kommissare ihre 20 000 plusplusplus Euro im Monat natürlich nicht versteuern; aber bei Nebeneinkünften aus einem hundertfachen Millionenvermögen macht es eben doch einen feinen Unterschied, dass Franzosen diese im Senegal – dafür hat das französische Wirtschaftsministerium gesorgt – mit lediglich rund 5 Prozent besteuern lassen können. Für Kenner: Das ist weniger als der Alkoholgehalt eines Straßburger »Fischer Tradition«-Bieres.
Berlin, Gaststätte Zum Hecht
Büroleiter Hoffmann ruft an. Zwei Wochen vor der geplanten Vernissage mit Rudi Hurzlmeier und Festredner Oliver Maria Schmitt untersagt das Parlament uns die Ausstellung. Die Verwaltung findet, die Bilder seien »anstößig, aufrührerisch oder stehen im Widerspruch zu den Werten, auf die sich die Union gründet« – eine genauere Begründung will die Herzkammer der europäischen Demokratie auch auf Nachfrage nicht liefern.
Häää, Werte? Hab’ ich hier irgendwas falsch verstanden? Wen hatten denn in Brüssel Werte interessiert, als die kleine Gelehrtenrepublik Bergkarabach von unserem aserbaidschanischen Öllieferanten Alijev (der uns russisches Gas zu überteuerten Preisen verkauft), ein halbes Jahr lang belagert, ausgehungert und dann so brutal bombardiert wurde, dass 120 000 christliche Armenier fluchtartig das Land aufgaben?
Hurzlmeier ist dreimaliger Gewinner des Deutschen Karikaturenpreises, seine Werke werden von FAZ, TITANIC, Bunte, iTALien, Nebelspalter & Hörzu veröffentlicht. Und das Parlament selbst hatte doch eine Resolution verabschiedet, um die Kunst in Europa wertzuschätzen und zu schützen, hatte ihre Verantwortung »zur Entwicklung kritischen Denkens bei den Unionsbürgern« gewürdigt – und die »Freiheit des künstlerischen Ausdrucks« beschworen.
Wir ärgern uns nicht lange über die plumpe Zensur, sondern suchen einfach einen seriöseren Veranstaltungsort: »Die verbotensten Bilder der EU« hängen bis November in der Galerie »Tor218 Artlab« in Berlin-Mitte.
Berlin, SO36
Vier Wochen vor der EU-Wahl erwacht die PARTEI aus ihrer Lethargie und macht Wahlkampf, als ob sie nie irgendetwas anderes getan hätte, auf den Straßen und im Netz. Bei Tiktok überholen wir locker aus dem Stand die bestplatzierte AfD (auch wenn das die Medien absolut nicht interessiert). Wir Spitzenkandidaten steuern eine 14tägige »Hofnung«-Tour durch ganz Deutschland bei und eine völlig sinnlose populistische Forderung, die sofort von SPD, Grünen, Linken, FDP, Kevin Kühnert und – Überraschung! – selbst in Bayern übernommen wird.
→ Sachdienlicher Hinweis aus dem Netz
Markus Söder: Wir bräuchten eine Dönerpreisbremse. Das sollte auch ins Regierungsprogramm von CDU und CSU.
Im SO36 kann die PARTEI 1,9 Prozent feiern – unser zweitbestes Ergebnis seit Kriegsende! Über 775 000 Wähler schicken die Schriftstellerin Sibylle Berg zum ersten und mich zum letzten Mal nach Brüssel.
Straßburg, weit weg vom Geschehen
Meine dritte Legislatur beginnt mittelgut. Unsere neuen Büros liegen wieder im Winston-Churchill-Gebäude (70er-Jahre-Stil & aus stabilem Asbest), durch einen Seitenarm der Ill vom Hauptgebäude getrennt; kleine hässliche Schachteln absurd weit weg vom Geschehen, noch hinter dem Umzugsdienst.
Dass Parlamentspräsidentin Roberta Metsola sich in einer ersten Amtshandlung im Amt bestätigen lässt, mit einer satten Mehrheit von 562 Stimmen, bleibt uns trotzdem nicht verborgen. Bester Satz in ihrer Bewerbungsrede: »Für mich hat sich Europa schon gelohnt.« Das glaube ich, sie erhält zusätzlich zu ihren Diäten für jeden Tag des Jahres 350 Euro Tagegeld, steuerfrei natürlich. Ich stimme gegen sie.
→ Sachdienlicher Hinweis aus »Herr Sonneborn bleibt in Brüssel«
Knaller des Jahres ist für mich heute schon meine Chefin, Parlamentspräsidentin Roberta Metsola, militante Abtreibungsgegnerin aus dem Geldwäscheparadies Malta (bekannt durch »goldene Pässe« & ermordete Journalistinnen). Nach Bekanntwerden des Korruptionsskandals »Katargate« versprach Roberta Metaxa umfassende Reformen zum »Schutz« des EU-Parlaments vor »Korruption, Interessenskonflikten und Vetternwirtschaft«.
Um das Vertrauen der europäischen Bürger zurückzugewinnen, beschloss Roberta Motorola sodann, in einer ersten Amtshandlung ihren Schwager, den Malteser Matthiew Tabone (aus Malta), als Kabinettschef einzustellen (Grundgehalt: 20.000 € / Monat). Immerhin keinen Vetter. Smiley! Als die Personalie öffentlich wurde und Kritik einsetzte, reagierte die Alte total verständnisvoll und ließ ihren Sprecher patzig fragen, ob sie ihrer Schwester vielleicht die Scheidung empfehlen sollte.
Schlussendlich bekam irgendeine spanische Adelige den Job. Und wird damit Nachfolgerin von Alessandro Chiocchetti, der rechten Hand der rechten Hand der sizilianischen Mafia, dessen (regularienwidrige) Berufung Metsola erst im September in umständlichen Hinterzimmer-Deals (sogar mit den Linken) durchgesetzt hatte.
Straßburg, Plenarsaal
Ich habe schlechte Laune, heute wird die Kommissionspräsidentin neu gewählt. Die EU hat sichtlich an Erbärmlichkeit gewonnen unter Frau vonderLeyen – aus einer Friedensunion ist ein kriegerisches Konstrukt geworden, das seine Bürger überwacht, 35 Milliarden-Zahlungen an Potenzmittelhersteller leistet und mit wirkungslosen Sanktionen gegen Russland die deutsche & europäische Wirtschaft sabotiert. Keine einzige diplomatische Initiative zur Beendigung des Sterbens in Gaza oder des Krieges in der Ukraine ging von Europa aus.
Fünf Jahre lang haben wir geschimpft, geredet, gewitzelt und im Plenarsaal polemisiert. Versucht, in die Öffentlichkeit zu bringen, dass die Frau, die der Rat der 27 Regierungschefs uns zum zweiten Mal vor die Nase setzt, wahrscheinlich nicht, wie gefordert, eine der Besten aus 450 Millionen Europäern ist: Sie löscht nach wie vor ihre SMS (im dt. Verteidigungsministerium gelernt) und muss sich gerade vor einem belgischen Gericht wegen Amtsanmaßung, Korruption & Veruntreuung verantworten.
→ Sachdienlicher Hinweis von MDR aktuell
MS: Ich würde raten, einen seriöseren Kandidaten für das Amt des Kommissionspräsidenten zu nominieren, z. B. Uli Hoeneß.
Ein großer Tag also für Frau vonderLeyen, aber ein schlechter für Europa. Als ich mit meinem Wahlzettel in der Schlange vor der Urne für die Nachnamen mit S stehe, kommt mir eine irritierte deutsche Neuabgeordnete entgegen. »Nur um das klarzumachen: der letzte Nachname?« fragt sie die Saaldiener. Ich sage: »Ah, Frau Strack-Rheinmetall. Sind Sie bewaffnet? Dann lasse ich Sie vor.« »Sehe ich so aus?« knurrt das FDP-Schrapnell. Ich sehe sie genauer an: »Ja.« »Das hätten Sie nicht überlebt!« Ich glaube ihr und rücke vor in Richtung Wahlurne.
→ Sachdienlicher Hinweis von Telepolis
Die 1,50 Meter große Personifikation der postdemokratischen Krise ist gerade zum zweiten Mal gewählt worden – mit den Stimmen von CDU/SPD/Grünen und Rechten: Ursula vonderLeyen.
Telepolis: Sie kolportieren über Ihre Chefin Frau Dr. von der Leyen hässliche Dinge. Sollten Deutsche im Ausland denn nicht zusammenhalten?
MS: Hoppla, ich dachte, sie sei Amerikanerin … Smiley! Außerdem reicht es doch, wenn die allermeisten deutschen Medien zu ihr halten. Ihr totgerittenes Pony schaffte es auf diverse Titelseiten, die laufenden Ermittlungen gegen von der Leyen wegen Korruption, Veruntreuung und Amtsanmaßung werden systematisch totgeschwiegen.
Telepolis: Bei der deutschen EU-Wahl waren für die meisten nicht EU-Themen wahlentscheidend, sondern die Bundespolitik. Sind die Leute möglicherweise einfach zu doof zum Wählen?
MS: Ja. Warum fragen Sie? Seit 25 Jahren machen die Wähler ihr Kreuz bei den konservativen EVP-Parteien. Ohne sich klarzumachen, dass der desolate Zustand ganz Europas allein das Ergebnis der desolaten Politik dieses Vereins ist, der seit einem Vierteljahrhundert unsere Geschicke steuert: Wir haben offensichtlich eine Politik gegen die Interessen der Bürger, eine Politik der Militarisierung, Bürokratisierung, Überwachung, Bevormundung und des wirtschaftlichen Niedergangs.
Brüssel, Büro
»Diese Kuh!« Meine Europapolitische Beraterin tobt. »Nach der Korruptionsaffäre um Eva Kaili hat Metsola einen Ethikkodex eingeführt, ›Ethik und Transparenz‹, der für sämtliche Quästoren und Vizepräsidenten gilt, für Ausschussvorsitzende und ihre Stellvertreter – aber sie selbst ist explizit davon ausgenommen!«
»Najaaaa, sie wird schon ehrlich sein, sie ist doch die Präsid …«
»Paperlappapp! Alle Treffen mit Lobbyisten müssen laut der neuen Regeln striktestens offengelegt werden – aber wenn man mit einem ins Bett geht, muss man nix sagen.«
»Ins Bett …?« frage ich, »ein … ein Matratzen-Lobbyist?«
»Klappe! Es wäre Metsola auch schwer geworden, ihre absolute Unabhängigkeit zu erklären, weil sie nämlich mit einem Lobbyisten verheiratet ist: Ukko Metsola, Finne, Cheflobbyist für die EU beim zweitgrößten Kreuzfahrtunternehmen der Welt. Ihr Sprecher sagt, die beiden hätten eine ›chinesische Mauer‹ zwischen sich gebaut und würden sich nicht interessieren für die Sachen des jeweils anderen. Leider hat sie mehrere Reden zu Schifffahrtsthemen gehalten, ich zitiere wörtlich: ›Die Bedeutung der maritimen Industrie für Wohlergehen und Wohlstand Europas kann nicht genug betont werden‹, blablabla. Wenn Ukko per Mail einen Termin bei Kommissaren wünscht, erhält er innerhalb einer Stunde Antwort und innerhalb einer Woche den Termin. Er reist immer mit, taucht auf offiziellen Fotos auf, letztens bei der Krönung von König Charles. Ein Traum, als Lobbyist in solche Kreise zu kommen …«
»Eher ein Alptra …«
»Ob Brüssel oder Berlin-Mitte, die herrschende Klasse schafft einen Satz von Regeln, von deren Geltungsbereich sie ausgenommen ist. Das ist keine Demokratie mehr, das sind Herrschaftsstrukturen aus dem Mittelalter. Vor einigen Jahren musste der Leiter einer EU-Vertretung noch zurücktreten, als seine Frau Kommissarin wurde …«
»Immerhin hat Metsola nicht ihren Schwager als Kabinettschef eingestellt!«
»Doch. Hat sie doch. Gerade. Direkt nach der Wahl.«
→ Sachdienlicher Hinweis aus dem Netz
Meine alte & neue Chefin Parlamentspräsidentin Roberta Metaxa (unseriös) hat es endlich geschafft, ihren Schwager (auch unseriös) als Kabinettschef einzustellen (20 000 Ocken plusplusplus). Die Saison fängt gut an … Smiley!
Achtung, Durchsage: Dieser Bericht wurde aus Mitteln des Europäischen Parlamentes finanziert und zeigt möglicherweise ein Zerrbild desselben.