Humorkritik | Juni 2016
Juni 2016
»Obwohl es nicht den Anschein hatte, hätte er gerade jetzt Zuspruch nötig gehabt, aber nun schienen die Herren ermüdet, Rabensteiner sah rechts aus dem Wagen, Kullich links, und nur Kaminer stand mit seinem Grinsen zur Verfügung, über das einen Spaß zu machen leider die Menschlichkeit verbot.«
Franz Kafka, »Der Prozeß«
Rock the Kabubble
Als ich in der Ankündigung des Films »Whiskey Tango Foxtrot« die Namen Tina Fey (Hauptrolle/ Produzentin) und Robert Carlock (Drehbuch) las, kribbelte es in meinen Humorkritikerfingern – handelt es sich bei den zweien doch um die Schöpfer von »Unbreakable Kimmy Schmidt«, einer der komischsten Serien der letzten zwei Jahre. Um das Urteil vorwegzunehmen: Ein solcher Pointenspießrutenlauf ist »Whiskey Tango Foxtrot« (WTF, Sie verstehen?) beileibe nicht. Das ist vor allem der literarischen Vorlage geschuldet, »The Taliban Shuffle«, einem Tatsachenbuch, in dem die amerikanische Journalistin Kim Barker 2011 ihre drei Jahre als Kriegsreporterin in Afghanistan und Pakistan geschildert hat.
Die Verfilmung beschränkt sich nun auf die Zeit der Hauptfigur (die hier »Baker« heißt) in Kabul, liebevoll »The Kabubble« genannt, und ihre ersten neugierigen Gehversuche in der Welt des embedded journalism. Die Ausgangssituation ist mithin gleich mehrfach konfliktträchtig: Fernsehreporterin aus der Großstadt, mit Anfang 40 im beruflichen Hamsterrad ermattend, wird von heut auf morgen lebensgefährlichen Situationen ausgesetzt, muß kulturelle Gräben überwinden, den Komfort einer zellenartigen Unterkunft schätzen lernen, sich gegen Männerbünde behaupten und nebenbei verarbeiten, daß ihre Fernbeziehung scheitert und das Interesse des Westens am post-talibanischen Afghanistan allmählich schwindet. Lachspaß ergibt sich daraus weniger denn echte Spannung; unterhaltsam ist es dennoch mitanzusehen, wenn Baker etwa mit Kamera unter der Burka eine Demonstration in Kandahar filmt oder mit ihrer New Yorker Offenheit dem schmierigen Generalstaatsanwalt (Alfred Molina) die (unbedeckte) Stirn bietet.
Was ich im April lobend über »Rock the Kasbah« schrieb, kann ich hier wiederholen: daß nämlich »auf wohlfeile Karikaturen und naheliegende Muslim-Gags weitgehend verzichtet« wird. Die eingestreuten Frivolitäten – das Reporterhauptquartier wird wie eine Mischung aus studentischem Verbindungshaus und »Wolf of Wall Street«-Büro dargestellt – stören nicht weiter, außerdem darf man Martin Freeman zum allerersten Mal in einer anderen als seiner Paraderolle, der des genervten und unbeholfen grimassierenden Heldens wider Willen, bestaunen. Tina Fey hat unter der Regie von John Requa und Glenn Ficarra (»Crazy Stupid Love«) bewiesen, daß sie auch dramatische Rollen beherrscht, was mir natürlich schon vorher klar war. Als nächstes sähe ich sie dann gerne wieder in einer richtigen Komödie.