Humorkritik | September 2016
September 2016
Ist das Zeichen eines guten, eines wahren Scherzes nicht, daß er zugleich ein Vorschlag ist, ein Hinweis, eine Idee?
Peter Handke
Ein Quieken
Angela Merkel hat, informiert mich die Süddeutsche Zeitung, eine »Gabe, die sie in der Öffentlichkeit selten vorführt, die sie im stillen Kämmerlein aber beherrscht: ihren trockenen, geradezu britischen Humor«. Ein solch stilles Kämmerlein ist für die SZ z.B. das britische Parlament, allwo die Kanzlerin im Februar 2014 einen Auftritt hatte: »Einerseits solle sie die große europäische Reformagenda hier und heute präsentieren, lamentierte Merkel vor den Lords und Abgeordneten. Andererseits erwarte man von ihr, den Briten Grenzen für ihre Begehrlichkeiten aufzuzeigen. Sie stecke also, so Merkel, in einer Zwickmühle, ein ›nicht gerade angenehmer Aufenthaltsort – zumindest nicht für die deutsche Bundeskanzlerin‹. Das Haus quiekte vergnügt. Eine Kanzlerin in der Zwickmühle – für einige eine durchaus angenehme Vorstellung.«
Nicht überliefert ist, ob Merkel diesen unerhört trockenen Spitzenwitz in der Sprache des Gastgeberlandes vortrug, sich also in a bit of a bind befand, between the devil and the deep blue sea oder in einer catch-22-situation, in welchen Fällen ich mir Heiterkeit darüber vorstellen könnte, wie idiomatisch informiert die hölzerne deutsche Kanzlerin ihr Dilemma vortrug. Daß eine Zwickmühle »zumindest nicht für die deutsche Bundeskanzlerin« erträglich sei, ist nämlich nicht lustig, sondern bloß eine dieser scheinlogischen Verblasenheiten, wie sie für den Regierungsvorstand so typisch sind; dessen Humorbegabung, höflichem britischem Hüsteln zum Trotz, genau dort endet, wo sie ergebene Journalisten nicht mehr behaupten.