Humorkritik | Dezember 2021
Dezember 2021
»Wenn Sie über etwas einen Witz machen, anstatt ernst zu bleiben, distanzieren Sie sich von dem vorliegenden Problem. Sie treten einen Schritt zurück, und dadurch bekommen Sie eine klare Perspektive auf die Dinge.«
Olivia Remes
Salonpsycho
Daran, dass der Zsolnay-Verlag Elias Hirschls Roman »Salonfähig« als »Porträt der Generation Slim Fit« bewirbt, trägt der Autor wohl wenig Schuld. Indes, die kurzen Kapitel aus dem Kosmos wenn nicht einer Generation, so immerhin einer Gefolgschaft, nämlich der des fiktiven Polit-Stars Julius Varga, lesen sich bisweilen ganz amüsant. Letzterem diente, wie leicht zu erkennen ist, Ex-Kanzler Kurz als Vorbild. Der Erzähler vergöttert Varga (was wiederum an David Schalkos Novelle »Weiße Nacht« erinnert, in der dieser sich einst – mit rechtlichen Folgen – am Haiderkult abarbeitete); gemeinsam mit anderen seelenlosen Gestalten verkehrt er in der »Jungen Mitte«, einer neokonservativen Welt aus Selbstoptimierung, Kokain und Kampagnenplanung, in der es ihm als wahres Glück erscheint, sich um Vargas Blumen kümmern zu dürfen, und man isst Sachertorte beim vom Dopamin beflügelten Sinnieren über Terroranschläge.
Das ermüdet allerdings recht schnell, ist doch die Form ein wenig zu sehr (wenn auch bewusst) von Bret Easton Ellis’ »American Psycho« inspiriert. Statt »The Patty Winters Show« bei Patrick Bateman sind es nun Wolf Horn und »Zeit im Bild«, die der Protagonist regelmäßig verfolgt, auch die Gewaltfantasien überraschen nicht, und wenn die Sache mit dem Entlarven und Überzeichnen eines abgestumpften Milieus bei Ellis je so geklappt hat bzw. intendiert gewesen sein soll, wie man es ihm nachsagt, so geht einem bei Hirschls Buch jedenfalls recht früh die Puste aus, denn neu ist daran doch wenig. So gesehen passt’s eigentlich wieder zur porträtierten neuen Rechten bzw. Jungen Mitte.