Humorkritik | April 2023
April 2023
»You have to play it straight. In comedy, the moment the audience sees that you know what the joke is, it’s over. They’re not gonna laugh.«
Leslie Nielsen
Vom komischen BB
Überliefert ist, dass Arno Schmidt, von der Zeit befragt, worin denn seine »Stärken« lägen, aussagte: »In der Beobachtung. Und in Witzen.« Nicht in Witz im Sinne von Geist oder Verstand, wie man’s bei Schmidt erwarten könnte, sondern: in Witzen! Wenn das mal nicht ironisch gemeint war. Denn freilich käme niemand auf die Idee, Schmidt als genuin komischen Schriftsteller zu charakterisieren; dass sein Werk allerdings komische Züge aufweist, kann ebenso wenig bestritten werden wie der Umstand, dass auch die Geschichte der Schmidt-Rezeption nicht frei von komischen Elementen ist. Das wusste auch der Germanist Jörg Drews (1938 – 2009), der, als profilierter Schmidt-Forscher, den in der Edition Text + Kritik erscheinenden »Bargfelder Boten« (BB) gründete, ein mitunter wunderliches Fanzine, das der Rezeption der unauslotbaren Schmidt-Texte gewidmet ist und soeben seinen 50. Geburtstag begehen konnte.
Anlässlich dieses Jubiläums druckt die aktuelle Ausgabe (Lieferung 479 – 480) Drews’ 1989 gehaltenen Vortrag »Arno Schmidt und seine Gemeinde«, welcher der Frage nachgeht, was das seinerzeit für ein Publikum war, das sich in oft jüngerhafter Verehrung der Exegese hingab. Dabei fordert Drews nicht nur seine Zunft auf, endlich die »sehr wilde Komik« des Meisters zu untersuchen, sondern beschäftigt sich vor allem mit der Auswertung eines Fragebogens »zu einer Untersuchung der Leserschaft Arno Schmidts«, den Drews’ Bielefelder Germanisten 1976 ausbaldowerten und in 650 Exemplaren an den zahlenmäßig übersichtlichen Kreis der BB-Leserschaft richteten. Faksimiliert sind im Jubel-Boten leider nur zwei Seiten mit fünf der insgesamt 132 Fragen, doch die haben mich erheitert: »Was halten Sie von Schmidts Behauptung, die Zahl der wirklichen ›Kulturträger‹ einer Nation (und das hieße zum Beispiel auch: der kompetenten Leser von ›Zettel̉s Traum‹) sei nur so hoch wie die 3. Wurzel aus der Gesamtbevölkerung eines Landes?« Oder: »Wie stellt sich Ihr(e) Frau/Freundin bzw. Mann/Freund zu Ihrer Beschäftigung mit Arno Schmidt?« Im Multiple-Choice-Verfahren darf man Antworten ankreuzen, etwa: »Es kommt bisweilen zu Auseinandersetzungen darüber.«
Immerhin 343 Menschen haben den Fragebogen »sehr sorgfältig« ausgefüllt, aus den Antworten haben die Forscher dann ihre Schlüsse gezogen, etwa den, dass es sich bei Schmidts Anhängern um Menschen handelt(e), die zu 92 Prozent männlich, zu 25 Prozent gewerkschaftlich organisiert, zu 65 Prozent Studierte und, im Gegensatz zu ihrem Idol, überwiegend »soziale Wesen« seien, mit enger Bindung an Familie und Freundeskreis.
Ich wünsche mir nun, einmal den kompletten Fragebogen studieren zu können, und frage mich, ob nicht auch ich einen ähnlichen Katalog an Sie, die Humorkritik-Gemeinde, aussenden sollte, um endlich herauszukriegen, wer Sie eigentlich sind – und wie sich Ihr(e) Frau/Freundin/Mann/Freund zu Ihrer Beschäftigung mit Mentz stellt: Kommt es in Ihrer Beziehung bisweilen zu Auseinandersetzungen darüber …?