Humorkritik | August 2024
August 2024
»Es gibt einen satirischen Imperativ: Man verarscht die Nashörner nicht vor einem Großwildjägerpublikum, man kritisiert nicht die Konsumverweigerer in der Shopping Mall, man rechnet den naiven Philanthropen nicht im Klub der Misanthropen ihre Widersprüche vor.«
Richard Schuberth
Hacks mit Knick
Die Netflix-Serie »Hacks« erzählt von der jungen Comedy-Autorin Ava, die wegen eines missglückten Witzes in Hollywood in Ungnade fällt. Aus Verzweiflung lässt sie sich von ihrem Manager überreden, als Autorin bei Deborah Vance anzuheuern, einer älteren Stand-up-Comedienne, deren Show in Las Vegas gerade nach Hunderten von Auftritten von ihrem Ex gecancelt wurde. Zwei Frauen also, die, jede für sich, um die Rettung ihrer Karriere kämpfen, und der Zuschauer merkt schnell, dass sie diesen Kampf zusammen führen sollten; aber Deborah und Ava können sich zu Beginn nicht ausstehen und lassen keine Gelegenheit verstreichen, sich gegenseitig zu piesacken. Diese ersten Wortgefechte sind schon sehr schöne sprachliche Stand-offs – immerhin hören wir zwei Frauen, die Sarkasmus als Lebensprinzip gewählt haben –, und so wird man schnell in diese Meta-Komödie über Comedians und Comedy hineingezogen. Das Tempo ist hoch, die Jokes jagen sich, und dennoch sind die Figuren bis in die Nebenrollen hinein mit Liebe entworfen. Der hollywoodianischen Rührseligkeit entkommt man nicht ganz, wenn es ab und an um verlorene Lieben oder Mutterschaft geht, aber glücklicherweise hält sich das in Grenzen. Klischees werden bedient – die sehr dumme Vorzimmerassistentin, die schnöseligen alten weißen Herren, die Frauen nicht ernst nehmen, der Ex in den Sechzigern, der sich immer wieder alte Seelen in sechsundzwanzigjährigen Frauenkörpern sucht –, aber auch diese Klischees sind sparsam und klug eingesetzt. Und selbst das Traurige wird sofort zum Trägermaterial für die nächste Pointe.
Im Vordergrund stehen die Dialoge:
Ava: »Wir sollten ein Codewort ausmachen, das du verwendest, wenn du mal wieder etwas Monosexistisches sagen willst.«
Deborah, verwundert: »Monosexistisch?«
Ava: »Ja, das ist gut, das nehmen wir.«
Es gibt aber auch Slapstick-Elemente wie bei der Reise im Tourbus, die Ava im Stockbett verbringen muss, während Deborah eine Luxuskabine bewohnt. Eines Tages wird Ava durch eine Vollbremsung geweckt und dotzt mit dem Kopf heftig an die Decke des Busses, weil Deborah am Straßenrand einen Flohmarkt entdeckt hat. Dort kauft diese dann einen monströsen Schrank, den sie direkt vor das Stockbett stellt, so dass Ava fürderhin noch weniger Platz hat. Nicht nur hier musste ich laut lachen.
Der Name der Serie beruht auf einem Wortspiel: »Hack« (bzw. das Homophon »Hag«) kann ein Schimpfwort für eine alte Frau sein (und in diesem Sinn verwendet es Ava auch einmal), aber es heißt auch »Schreiberling«. Und somit treffen hier also zwei Hacks aufeinander, deren Karriere jeweils einen Knick bekommen hat, und müssen sich Gedanken machen, wie es weitergeht. Des einen Knick, des andern Freud – meine jedenfalls. Während ich auf die dritte Staffel warte, die in den USA im Frühjahr gelaufen ist, schaue ich die beiden ersten, die in Deutschland schon erschienen sind, einfach noch mal.