Newsticker

Eintrag teilenEintrag per Email versenden Mit Facebook-Freunden teilen Twittern mit Google+ teilen

"Auf Familienfesten muss ich mich ausweisen"

Der in Bad Säckingen geborene Schwarzwälder haut als graue Eminenz der CDU gerne mal einen raus. Damit andere Spitzenpolitiker weitaus wichtigere und prestigeträchtigere Posten annehmen können, opfert sich der geheimnisvolle Unbekannte seit etlichen Jahren im Mief christdemokratischer Karrieresackgassen auf. Für ein Interview mit TITANIC hat der 50jährige sein Berliner Kabuff verlassen, um für ein paar Minuten ausnahmsweise mal nicht im Schatten seiner Parteikollegen zu stehen. Spot an für Thorsten Frei!

TITANIC: Hallöchen, Herr Frei. Sie sind doch Herr Frei, oder?

Frei: Ich weiß, ich komme nicht so oft in den Nachrichten vor, weil ich als parlamentarischer Geschäftsführer der CDU meist im Verborgenen arbeite. Mir wurde von Herrn Merz persönlich versichert, dass meine vielen Talente dort am besten zum Tragen kommen. Aber hier, wenn Sie darauf bestehen: mein Perso und mein Parteibuch.

TITANIC: Danke. Herr Frei, kürzlich haben Sie die wehrfähigen Ukrainer kritisiert, die sich in Deutschland wegduckten, während ihre Heimat angegriffen werde und dringend Soldaten brauche. Wie schwer ist Ihnen das Verfassen eines solchen Statements im Lounge-Ledersessel Ihres vollklimatisierten Büros gefallen?

Frei: Sehr schwer. Angesichts des Dilemmas vieler Familienväter, entweder hier zu bleiben oder sich an der Front erschießen zu lassen, sind mir – wohl vom Qualm meiner kubanischen Zigarre – erst einmal die Tränen gekommen. Nach einem schön heißen Chococino Caramel und reichlich Sahne habe ich dann entschieden, es zu tun.

TITANIC: Was denn? Sich bei der ukrainischen Armee freiwillig zu melden?

Frei: Sind Sie des Wahnsinns? Ein muskelbepackter Parlamentarier, der sich mit obszön großem Maschinengewehr heroisch bis nach Moskau durchkämpft, ließe die Bundesrepublik doch sofort zur Kriegspartei werden. Nicht zu vergessen: Die Millionen von russischen Soldaten, die sich auf der Flucht vor mir in Gefangenschaft begäben, würden die europäische Migrationskrise nur noch verschärfen. Aber klar, ansonsten natürlich immer gerne!

TITANIC: Wo wir gerade von Migration reden: Beim Vorstellen des neuen CDU-Grundsatzprogramms haben Sie bekräftigt, nur noch wirklich vulnerable und gefährdete Schutzsuchende aufzunehmen. Wissen Sie schon, nach welchen Kriterien Sie das aus der Ferne beurteilen wollen?

Frei: Selbstverständlich. Mein Unionskollege Christian Haase hatte ja bereits Anfang des Jahres vorgeschlagen, zur Finanzierung von Agrarsubventionen die Entwicklungshilfe zu kürzen. Durch diese Regelung würden uns Not, Armut und Bedürftigkeit bald ganz von selbst ins Auge springen. Nun wissen Sie auch, warum wir Christdemokraten im Asylausschuss immer doppelt verglaste Hornbrillen tragen. Wollen Sie auch eine?

TITANIC: Wenn schon, dann Ihre rosarote. Die CDU will den Haushalt für Soziales kürzen, das Deutschlandticket abschaffen und hält eine Rente mit 72 für denkbar. Müssen Sie sich nicht auch manchmal kneifen, wenn Sie sehen, dass die Union in Umfragen trotzdem bei 30 Prozent liegt?

Frei: Ehrlich gesagt sind meine dauerentzündeten Wangen an vielen Stellen schon völlig vernarbt. Schade, dass das aufgrund meiner spärlichen Medienpräsenz kaum jemand sehen kann.

TITANIC: Witzig, dass Sie das gerade ansprechen. In einem zwölfminütigen Video von Schüler*innen des Feintechnik-Gymnasiums Schwenningen haben Sie vor kurzem zum Thema Sicherheit referiert. Währenddessen waren die Top-Leute Ihrer Partei bei Markus Lanz und Carmen Miosga zu Gast. Sind Sie enttäuscht, weil das Interesse an Ihnen offenbar nicht über einen Artikel im Lokalteil der Backnanger Kreiszeitung hinausgeht?

Frei: I wo, das bin ich gewohnt! In meinem Heimatwahlkreis Schwarzwald-Baar kennt mich eigentlich auch niemand. Da muss ich mich selbst auf Festen meiner eigenen Familie ausweisen. Immerhin erspare ich meiner Partei so viele tausend Euro im Jahr an Kosten für teuren Personenschutz.

TITANIC: Apropos "jemandem etwas ersparen": Müssen Sie nicht langsam wieder los?

Frei: Jetzt, wo Sie mit mir gerade so ein hochinvestigatives und vielbeachtetes Interview führen? Nie im Leben! Außerdem habe ich, abgesehen von der Eröffnung des Familien-Ballonfestes beim CDU-Ortsverband Darmstadt-Dieburg, heute nichts mehr vor. Sie dürfen mich also gerne noch den ganzen Tag ausfragen.

TITANIC: Wer sind Sie gleich noch mal und was ist Ihre genaue Funktion?

Frei: Aua, das hat gerade wehgetan! Aber gut, dann halt nicht. Sind Sie mir böse, wenn ich einfach aufstehe und gehe?

TITANIC: Ach was, schon vergessen, Herr …

Frei: Frei, Thorsten Frei.

TITANIC: Herr Freitag, vielen Dank für das Gespräch!

Patric Hemgesberg

Kategorie: Allgemein



Eintrag versenden Newstickereintrag versenden…
Felder mit einem * müssen ausgefüllt werden.

optionale Mitteilung an den Empfänger:

E-Mail-Adresse des Absenders*:

E-Mail-Adresse des Empfängers*
(mehrere Adressen durch Semikolon trennen, max. 10):

Aktuelle Startcartoons

Heftrubriken

Briefe an die Leser

 Kunststück, »Welt«!

Im Interview mit der Rheinischen Post beschwerte sich Sängerin Cyndi Lauper darüber, dass Frauen ständig auf ihr Alter reduziert würden. Aus diesem Statement hast Du, Welt, nicht nur geschafft, einen ganzen Artikel zu stricken, Du hast auch noch äußerst subtil Deinen eigenen Standpunkt zur Causa klargemacht und Laupers Aussage folgendermaßen zusammengefasst: »Popsängerin Cyndi Lauper hält es für sexistisch, Frauen nach ihrem Alter zu fragen: ›Alter ist eine Kategorie, die benutzt wird, um uns kleinzuhalten‹, sagte die 71jährige.«

Wie clever von Dir! Indem Du das Alter genüsslich anmerkst, hast Du es der meckernden alten Frau aber mal so richtig gezeigt! Andererseits: Es nötig zu haben, aus Interviews anderer Zeitungen Artikel zusammenzukloppen – lässt das nicht Dich und Deinen angeblichen journalistischen Anspruch auch ziemlich alt aussehen?

Fragt Dein greises Kollegium von Titanic

 Kann es sein, Tod,

dass Du, so wie alle anderen in der Handwerksbranche auch, mit Nachwuchsmangel zu kämpfen hast? Und dass Du deshalb Auszubildende akzeptieren musst, die schon bei den Basiskompetenzen wie Lesen Defizite aufweisen?

Oder hast Du, der Seniorchef höchstpersönlich und wieder zu eitel, eine Brille aufzusetzen, am 11. August beim gerade mal 74 Jahre alten Kabarettisten Richard Rogler angeklopft? Nur, um dann einen Tag später, nachdem Dir der Fehler aufgefallen war, beim 91jährigen Bauunternehmer und Opernballbesucher Richard Lugner vorbeizuschauen?

Antwort bitte ausschließlich schriftlich oder fernmündlich an Titanic

 Tagesschau.de!

»Sei nicht immer so negativ!« wollten wir Dir schon mit auf den Weg geben, als Du vermeldetest: »Juli stellt knapp keinen Temperaturrekord auf«. Auf Schlagzeilen wie »Zehnkämpfer Leo Neugebauer erringt in Paris knapp keine Goldmedaille«, »Rechtsextremer Mob erstürmt im nordenglischen Rotherham knapp kein potentiell als Asylunterkunft genutztes Hotel« oder »19jähriger Islamist richtet bei Taylor-Swift-Konzerten in Wien knapp kein Massaker an« hast Du dann aber doch verzichtet.

Es gibt sie also noch, die positiven Nachrichten.

Vor allem von Titanic

 Standhaft, brandenburgischer CDU-Landesvorsitzender Jan Redmann!

Sie wurden mit 1,3 Promille Atemalkohol auf einem E-Scooter erwischt und entsprechend zu einer Strafe verdonnert. Daraufhin gaben Sie zu Protokoll, zu »diesem Fehler zu stehen« und die »Konsequenzen, insbesondere die Strafe« zu tragen. Das ist ja geradezu heldenhaft. Wir waren davon ausgegangen, dass Sie den Inhalt des Polizeiberichts leugnen, den Staat um die Strafzahlung prellen und sich ins Ausland absetzen würden.

Hätte dann vielleicht sogar Sympathie für Sie entwickelt: Titanic

 Puh, »Frankfurter Rundschau«!

»Während im Süden Europas weiter enorme Hitze herrscht, sorgt ein kurzweiliges Tief in Deutschland für eine Abkühlung.« Es bleibt aber dabei: Die Tiefs sorgen für Abkühlung, und für die Kurzweil sorgen Deine Sprachkapriolen. Nicht durcheinanderbringen!

Warm grüßt Titanic

Vom Fachmann für Kenner

 Meine Mitbewohnerin

legt Dinge, die nicht mehr so ganz intakt sind, in Essig ein. Dabei ist es egal, ob es sich um verkalkte, schmutzige oder verschimmelte Dinge handelt. Ich würde bei ihr den Verbrauch von Salzsäure in den kommenden Jahren intensiv beobachten – gerade falls ihr Partner unerwarteterweise verschwinden sollte.

Fia Meissner

 Abwesenheit

Vielen Dank für Ihre E-Mail. Ich bin vom 02.–05.09. abweisend. Ab 06.09. bin ich dann wieder freundlich.

Norbert Behr

 Aus einer Todesanzeige

»Wer sie kannte, weiß was wir verloren haben.« Die Kommasetzung bei Relativsätzen.

Frank Jakubzik

 Ach, übrigens,

der Typ, mit dem ich in jedem Gespräch alle drei Minuten für mindestens fünf Minuten zu einem Nebenthema abschweife: Ich glaube, wir sind jetzt exkursiv miteinander.

Loreen Bauer

 Schierlingsbücher

Kaum jemand erinnert sich an das allererste selbstgelesene Buch. War es »Wo die wilden Kerle wohnen« oder doch Grimms Märchen? Schade, denke ich mir. Es könnte eine Wegmarke in die wunderbare Welt der Bibliophilie sein. In meiner Erinnerung wabert stattdessen leider nur ein unförmiger Brei aus Pixibüchern. Diesen Fehler möchte ich am Ende meines Leselebens nicht noch einmal machen. Und habe mir das Buch »Essbare Wildpflanzen« bestellt.

Teresa Habild

Vermischtes

Erweitern

Das schreiben die anderen

  • 29.08.:

    Die FR erwähnt den "Björnout"-Startcartoon vom 28.08.

  • 27.08.: Bernd Eilert schreibt in der FAZ über den französischen Maler Marcel Bascoulard.
  • 27.03.:

    Bernd Eilert denkt in der FAZ über Satire gestern und heute nach.

  • 29.01.:

    Ein Nachruf auf Anna Poth von Christian Y. Schmidt im ND.

  • 13.04.:

    HR2 Kultur über eine TITANIC-Lesung mit Katinka Buddenkotte im Club Voltaire.

Titanic unterwegs
07.09.2024 Salzgitter, Literaturfest Ella Carina Werner
07.09.2024 Heilbronn, Literaturhaus Oliver Maria Schmitt und Wannerstern
10.09.2024 Frankfurt am Main, Club Voltaire »TITANIC-Peak-Preview« mit Stargast Miriam Wurster
13.09.2024 Stade, Schwedenspeicher Ella Carina Werner