Aus Eugen Egners Püppchenstudio
Wie ich Franz Kafka und die Beatles zusammenbringen wollte (2. Teil)
Ich erinnere mich gut an einen Vorfall aus der Anfangszeit: Mein Vater war eines Nachmittags auswärts mit einem Spezialauftrag beschäftigt (er baute dem Pfarrer eine Mundharmonika ins Auto ein), und ich, allein im Laden, spielte Musikwissenschaftler. Ich hatte mir so etwas ähnliches wie ein Instrument gebastelt, das sich überhaupt nicht richtig spielen ließ. Als Wissenschaftler hatte ich aber die Pflicht, akustische Aufnahmen von diesem Klangkörper zu machen, so lange es ihn noch gab, und diese einzigartigen Tondokumente der Nachwelt zu überliefern. Soeben setzte ich zu einer perniziösen Kadenz an, da kamen vier junge Burschen herein. Sie redeten in einem fort von Schallplatten, und zuerst dachte ich, sie wollten eine kaufen, doch stellte sich bereits ein paar Flaschen später heraus, daß sie im Gegenteil eine aufnehmen wollten. Irgendwie mußten sie von unserem Bandgerät erfahren haben. Es waren die legendären Beatles, die damals natürlich noch niemand waren. Sogar ihr Englisch war noch sehr dürftig, daher sprachen und sangen sie meist deutsch (übrigens mit hohen schrillen Stimmen). Ihr erstes selbstkomponiertes Lied hieß ungefähr »Du lachst mir aus der Hand«, wenn ich nicht irre. Bevor wir es aufzeichnen konnten, mußten wir ein Problem lösen. Sie ekelten sich alle davor, den Baß zu bedienen, und zwar so sehr, daß sie nicht einmal einen hatten. Ich schlug ohne nachzudenken meinen Schulfreund Franz Kafka als Bassisten vor, obwohl er weder ein solches Instrument noch die Fähigkeit es zu spielen besaß. Ich hoffte, auf diesem Wege mit seiner Schwester, nach der alle jungen Männer des Vororts verrückt waren, in Berührung zu kommen.
(Fortsetzung folgt)
Sie hecken schon wieder ein neues Buch aus
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