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Die Brücke

Ein Auszug aus dem neuen Roman "Der Sand in den Brückenturmuhren" von Uwe Tellkamp

Um 2024 n. Chr. in der barocken mitteldeutschen Großstadt Drosden: Der weltbekannte Damendom ragte wie ein riesiger, pilzförmiger Phallus in den blauen Himmel. Blau wählten hier, gottlob, viele. Die Kathedrale galt seit Adams Zeiten als Bollwerk wider den Radikalfeminismus Westberliner Prägung. Derweil in einem bürgerlicheren Stadtteil: Ein Mann Mitte 50 in der Buchhandlung Laschwitt. Er war stattlich, massiv durchaus und reinen Blutes. Von bärenhafter, teutonengleicher Statur. Er ragte nachgerade phallisch in das obere Drittel des Raumes. Pechschwarz und voll sein Haar, leuchtend seine Aura. Ein intellektueller Bär, aber vor allem: ein Bär! Widerborstig stand er da im Sturm, den Rücken durchgedrückt, erigiert. Die Regale: Nicht nur der Mainstream war zu bestaunen. Mutig, gerade in diesen Zeiten. Selbst im Weißen Reh, dem Villenvorort, war die Diktatur der Moralisten mittlerweile eingezogen. Laschwitt hingegen war der Ort für die Lesungen des Mannes. Ein Ort für ein offenes Wort. Das reimte sich. Zufall? In der DDR 2.0 gab es keine Zufälle. Er war Autor, bedeutend durchaus. Es knallte unvermittelt. Eine Brücke über den Fluss Olbe, sie musste wohl eingestürzt sein. Die Pfeiler, ob sie noch standen? Er dachte nach, sie wirkten phallisch. Fruchtbare, lendengespeiste Architektur. Dereinst wurden die Pfeiler in den Boden gerammt. Mit Schmackes, sagt der gemeine Drosdner. Er selbst würde so nicht sprechen. Und die vermaledeite Brücke? Um sich Gewissheit zu verschaffen: Ein Blick aus dem Fenster? Zu gefährlich, fliegende Messer allenthalben. Die Webcam verriet ihm, dass es die Coronabrücke war: Einst Teil des Jakobswegs, nun weitum bekannt als Teil der Balkanroute! Ziel: Sozialamt Drosden. Spätrömische Dekadenz etwa? Allein der Gedanke war ihm ein Graus. Der Mann erschauderte. Er war wütend, aggressiv durchaus. Wie konnte es so weit kommen? Der Brückenbruch als Sinnbild für den Zivilisationsbruch (2015 n. Chr.): Angelo Morkel, der ehemalige Reichskanzler, war schuld. Es geschah unter seiner transepochalen Jurisdiktion. Großmannssucht. Die Brücke, durch Überlastung eingebrochen, schien's. Ein Wink mit dem Zaunpfahl für das Sozialsystem? Apropos: Was ist eine Brücke, fragte sich der Mann. Eine Brücke ist doch wohl nichts anderes als ein Korridor übers Wasser. Für all jene erdacht, die nicht darüber laufen können wie der Erlöser es konnte. Ihm fiel der enge Meinungskorridor ein: Zur harmlos-patriotischen Bürgerbewegung PAGIDO, zur Carano-"Pandemie", zum "menschgemachten" "Klimawandel". Sprache der Mächtigen! So wurde geflüstert, oben im Elfenbeinturm, unverblümt phallisch wirkte dieser auf ihn da unten, obschon er den Turm nicht sehen konnte. Er war Arztsohn, selbst studierter Mediziner. Einer, dem man so leicht nichts vormachen konnte. Er weinte. Wie damals, als er den Preis der Buchmesse Braunau (Inn) aus den Händen von Ikaf Parranci erhielt. Die Hände waren warm, schwitzig durchaus. Parranci sah aus wie ein Pimmel. Die Brücke war weg, der Korridor noch da. Der Mann weinte weiter und die Buchhändlerin, Frau Magen, nahm ihn in den Arm. Sie war geduldig. Papier auch. Asylanträge, ebenso auf Papier gedruckt, dachte er. Welch Verschwendung! Enervierendes Spesenrittertum. Er schrieb das auf, für MeinVZ. Jetzt ein Stück Christstollen. War es überhaupt die Zeit dafür? Und durfte man heuer noch Christstollen sagen?

MWei

Kategorie: Allgemein



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Briefe an die Leser

 Liebes Werbeplakat in Freiburg!

»Nicht zu wählen, weil man nicht weiß, was, ist, wie keinen Film zu schauen, weil man sich nicht entscheiden kann«, trötest Du am Bahnhof allen noch so unwilligen Nichtwähler/innen entgegen. Jetzt stellt sich natürlich die alles entscheidende Frage: Ist ein versauter Filmabend, bei dem man am Ende aus Langeweile vielleicht sogar Monopoly spielen muss, genauso schlimm wie die Machtübernahme einer neofaschistischen Diktatur?

Fragt Popcorn mampfend Titanic

 Huhu, »Tagespost«, Würzburg!

Du bist die einzige überregionale katholische Wochenzeitung in Deutschland und freust Dich in einem Kommentar, dass die Deutsche Bischofskonferenz die spektakuläre Eröffnungszeremonie der Olympischen Spiele in Paris verurteilt, weil auch sie in dem dort veranstalteten Bacchanal eine Abendmahlparodie gesehen haben will. Du hältst es jedoch für überflüssig, dass die Bischöfe dabei meinen, »zur Rechtfertigung ihrer Kritik auf die religiösen Gefühle anderer Religionen Bezug nehmen zu müssen. Warum nicht einfach die blasphemische Verhöhnung Christi und jenes Abends, in der das Sakrament der Eucharistie eingesetzt wurde, in aller Deutlichkeit und Direktheit verurteilen?« Exakt!

In welcher Form soll dies geschehen, was schlägst Du vor? »Gefragt wäre freilich keine künstliche Empörung, kein moralisches Aufplustern, sondern der authentische Ausdruck der Überzeugung, dass Gott seiner nicht spotten lässt, und die wohl schlimmste Sünde, die ein Mensch begehen kann, die Gotteslästerung ist.«

Waaas, Tagespost? Gotteslästerung schlimmer als Hostiendiebstahl, Kreditkartenbetrug und Völkermord? Und sogar schlimmer als Unzucht, Abtreibung und Selbstbefleckung?

Wenn Du das so siehst, dann kündigt wutschnaubend das Abo: Titanic

 Whaaaaaat, Michael Kretschmer?

Whaaaaaat, Michael Kretschmer?

»Tausende Bürgergeldempfänger könnten arbeiten, verweigern dies jedoch und bekommen so Geld vom Staat, für das die Steuerzahler hart arbeiten.«

Oha, Tausende Menschen? Das ist natürlich skandalös! Das sind ja Zahlen im vierstelligen Bereich. Wie soll sich ein Land wie Deutschland mit einer Einwohnerzahl im lediglich achtstelligen Bereich (das ist nur doppelt so viel!) das leisten können? Unter Umständen sind das ungefähr so viele Menschen, wie in Großröhrsdorf wohnen! Ein Glück, dass Sie, Kretschmer, Geld vom Staat bekommen, um solche Zahlen fachmännisch für uns einzuordnen!

Zählt zur Sicherheit noch mal an den eigenen Fingern nach:

Ihre Titanic

 Puh, »Frankfurter Rundschau«!

»Während im Süden Europas weiter enorme Hitze herrscht, sorgt ein kurzweiliges Tief in Deutschland für eine Abkühlung.« Es bleibt aber dabei: Die Tiefs sorgen für Abkühlung, und für die Kurzweil sorgen Deine Sprachkapriolen. Nicht durcheinanderbringen!

Warm grüßt Titanic

 Hello, tagesschau.de!

All Deinen Leser/innen, die von Tim Walz, der für die US-Demokraten als Vizekandidat in den Wahlkampf ziehen soll, bisher noch nicht allzu viel gehört hatten, wusstest Du doch immerhin zu berichten, er sei ein ehemaliger »Lehrer und gilt als einer, der die einfache Sprache der Menschen spricht«. Und nichts für ungut, tagesschau.de, aber dass ein Kandidat im US-Wahlkampf, ein einstiger Lehrer zudem, Englisch spricht, das haben selbst wir uns schon beinahe gedacht.

Deine einfachen Menschen von Titanic

Vom Fachmann für Kenner

 Bilden Sie mal einen Satz mit »AKW«

Der Bauer tat sich seinen Zeh
beim Pflügen auf dem AK W.

Jürgen Miedl

 Fachmann fürs Leben

Im Gegensatz zur Schule hat man im Zivildienst viele nützliche Dinge gelernt. Zum Beispiel, dass man die Körper von Menschen, die sich selbst nicht mehr bewegen können, regelmäßig umlagert, damit keine Seite wund wird. Um anhaltenden Druck auf die Haut zu minimieren, wende ich auch heute noch die Pfirsiche in der Obstschale alle paar Stunden.

Friedrich Krautzberger

 Wahre Männer

Auto verkauft, weil das gute Olivenöl zu teuer geworden ist.

Uwe Becker

 Aus einer Todesanzeige

»Wer sie kannte, weiß was wir verloren haben.« Die Kommasetzung bei Relativsätzen.

Frank Jakubzik

 Treehuggers

Bei aller Liebe zum Veganismus: Plant Parenthood geht mir zu weit.

Sebastian Maschuw

Vermischtes

Erweitern

Das schreiben die anderen

  • 18.09.: TITANIC-Zeichnerin Hilke Raddatz ("Briefe an die Leser") ist mit dem Wilhelm-Busch-Preis geehrt worden. Die SZLZ und der NDR berichten.
Titanic unterwegs
19.09.2024 Berlin, Kulturstall auf dem Gutshof Britz Katharina Greve
19.09.2024 Hamburg, Centralkomitee Hauck & Bauer
24.09.2024 Oldenburg, Jasper-Haus Bernd Eilert
24.09.2024 Stade, Stadeum Hauck & Bauer und Thomas Gsella