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Inside TITANIC (40)

Intime Einblicke in das Innere der TITANIC-Redaktion und ihrer Mitglieder. Heute: Praktikant Martin Weidauer über die Vorfreude auf das höchste christliche Fest.    

Der Arbeitsaufenthalt in "Mainhattan" beginnt mit einem Schock: Ich werde beim Joggen nicht zurückgegrüßt! Bei frühlingshaften Temperaturen friere ich ob der sozialen Kälte der Bankenmetropole, die man Mainhattan nennt, weil "wir scho imma de Main hattan" (hessischer Volksmund). Schon am zweiten Tag bekomme ich auf einer als "Midissage" bezeichneten Kulturveranstaltung Pit Knorr und Bernd Eilert vorgestellt. Nach wie vor grübele ich, ob die Satire-Legenden mir nur ironisch die Hand gegeben haben. Ich kann an dieser Stelle festhalten: Ich habe alles, was ich gesagt habe ("Hallo"), ernst gemeint. Liebe Grüße!    

Leicht benebelt schleiche ich am nächsten "Morgen" in die Teeküche, wo ich mit einer jähen Bewegung einen kleinen braunen Teller vom Regal wische. Als dieser den Boden berührt und dabei in drei Einzelteile zerschellt, packt mich das schlechte Gewissen. Reumütig melde ich den Vorfall meinen Vorgesetzten im großen Redaktionsraum, welche die Chance beim Schopfe packen und mich unter wieherndem Gelächter als "schlechtesten Prakti aller Zeiten" bezeichnen. Nur um direkt ein "nee, nicht so schlimm, schmeiß weg, das Ding" nachzuschieben. Selig drehe ich ab, als Tom Hintner (er nennt mich "Manni") doch mal draufschauen will. Was dann kommt, überrascht mich: Er ist am Boden zerstört, genau wie der Teller, haha! Diesen habe er während des Studiums gekauft, die Worte "nicht zu ersetzen" fallen. Gott sei Dank diskutieren die Kolleg*innen in den folgenden Tagen über kulturelle Aneignung. So komme ich auf die Idee, das seltene Geschirr mithilfe eines Einkaufs bei McPaper und der japanischen Porzellan-Reparaturtechnik Kintsugi zu retten.    

Die Stimmung in der Redaktion mäandert zwischen Himmelhoch jauchzend und zu Tode betrübt. Erstere Gemütslage gründet auf dem baldigen Osterfest, letztere (immer noch) auf dem Rebranding von "WuBaMi" ("Wurst-Backwaren-Milch") zu "StShEa" ("Stop Shop Eat"). Zwischendrin ergibt sich die einzigartige Möglichkeit, Profis bei der Arbeit zu beobachten: Sie sitzen mit Noise-Cancelling-Kopfhörern am Computer und schreiben. Das mag banal klingen! Wenn in den seltenen Pausen gesprochen wird, dann Klartext: "Henning Baum ist ein Fleischpenis als Mensch!" (Paula Irmschler) Es wird über eine "LOL"-Staffel mit Volker Pispers ("Er fehlt!") diskutiert und hinter vorgehaltener Hand die Sexyness von Mützenträger Torsten Sträter akzentuiert, Tenor: "You can leave your hat on!" Apropos angesext: Eine solche Stimmung kann man nicht erzwingen, wie es der Oben-Ohne-Titel von Kurt Krömers neuem Buch versucht. Richtig heiß wird es hier erst, als ein Bild von Elias Hauck im rotgestreiften Jacket die Runde macht.    

Als ich T. Hintner den kunstvoll restaurierten Teller (s. Bild) gebe, leuchten die Augen des Redaktionsältesten: "Sieht super aus! Den nehme ich mit nach Hause und hänge ihn auf. Wobei, nee, ich lasse ihn hier, da sehe ich ihn öfter." Cultural Appropriation macht glücklich! Wobei es auch hierzulande tolle Traditionen gibt. Die ganze "Redi" (Mediensprech für "Redaktion") gibt sich der Karwoche hin. Die schönsten Zitate im Gedächtnisprotokoll:    

"Mag jemand ein buntes Ei?" – Martina Werner  

"Ich habe noch ein Ei im Rucksack." – Paula Irmschler  

"Die Aktions-Häschen müssten bitte mal zu mir kommen!" – erneut M. Werner  

"Ich liebe Eier. Eier sind mein Leben!" – erneut P. Irmschler  

"Frohe Ostern sagt man erst ab Sonntag!" – verschiedene bibelfeste Personen    

Erstaunlich wenig Zeit bleibt in der Heftschlusswoche für das Feiern der Geburt Jesu. Statt Osternester sucht man Pointen. "Atheismus macht Atheismus-Sachen", murmele ich vor mich hin. Der tatsächliche Redaktionsschluss gleicht indes einem Gottesdienst wie ein Huhn dem anderen: Essen, Bier und Wein, Texte lesen, singen. Und, ja, auch Schmunzeln ist erlaubt.    

Für eine ausführliche Rezension von "Die Passion" auf RTL aus Sicht eines katholischen Autors fehlt an dieser Stelle leider der Platz. Zumal das 35000-Zeichen-Manuskript mit dem Titel "Meine Kirche ist nicht Euer Trash-TV!" von der Online-Redaktion abgelehnt wird. In eigener Sache: Der Text erschien soeben auf kath.ch!  

Kategorie: Meinung



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Heftrubriken

Briefe an die Leser

 Mal wieder typisch, Bundespolizei!

Du testest gerade den Einsatz von Tasern, hast Dir in einem vertraulichen Bericht aber eingestehen müssen, dass diese ihre Mannstoppwirkung oder gleich das ganze Ziel gerne mal verfehlen. Ein Grund für das Versagen der Taser ist wohl: eine »offene Softshell-Jacke«. Und das ist ja mal wieder typisch! Wer muss sich um Polizeigewalt in Taserform also keine Sorgen machen? Gutsituierte Krautwurst-Teutonen in ihren ewigen Softshell-Jacken! Komm, Bundespolizei, Rassismus kannst Du doch auch weniger auffällig, weiß aus anders gekleideter Quelle

Deine Titanic

 Und aber apropos, brigitte.de!

»Diese Angewohnheit schadet deinem Gehirn mehr, als du denkst« – eigentlich ist uns das als Vorlage zu billig. Aber schwer fällt uns der Verzicht schon!

Gewohnheitsmäßig nicht Deine Titanic

 Bei Dir, »O₂ Surftown MUC«,

handelt es sich um eine künstliche stehende Welle im tiefsten Bayern. Und es ist natürlich nur recht und fair, dass Bayern als Bundesland mit Alpenzugang nun Strandsport anbieten kann, nachdem ja auch durch Skihallen in Mecklenburg-Vorpommern und Niedersachsen beide Meere mit Deutschlandzugang längst mit Bergsportnähe ausgestattet sind.

Wie viel Energie es kostet, das Wasser für die Wellen und den Schnee jeweils auf die richtige Temperatur und in die entsprechenden Formen zu bringen, ist dabei auch egal, denn letztlich ist die ganze Angelegenheit ja klimafreundlich as fuck: Braucht doch jetzt niemand mehr quer durch Deutschland zu reisen, um einem für die Umgebung untypischen Angeberhobby nachzugehen.

Zur Eindämmung weiterer Kurz- und Fernreisen sind daher sicherlich auch schon die nächsten Naturerlebniswelten in Planung! Wir denken da etwa an die »Saharaworld Schwarzwald«, das »Urwalderlebnis Wattenland«, »Wildwasserkajaktouren am Ku’damm«, »Hochseeangeln in der Sächsischen Schweiz« oder »Indoorparagliding im Zollverein Essen«.

Grüßt Dich hoffnungsvoll aus dem Korallenrifftauchparadies Frankfurt: Titanic

 Hello, »Zeit«!

»Wenn Berlin das New York Deutschlands ist, dann ist München das deutsche Los Angeles«, schreibst Du. Aber wenn München das deutsche Los Angeles ist, ist Hamburg dann auch das deutsche Miami? Und Wolfsburg das deutsche Detroit? Und die Zeit die deutsche New York Post? Und so ein Städtevergleich deutscher Unsinn?

Fragt aus dem deutschen Frankfort (Kentucky) Titanic

 Herzlichen Glückwunsch, lieber Fundus!

Herzlichen Glückwunsch, lieber Fundus!

Die erste Handlung der neugegründeten TITANIC-Redaktion im Jahr 1979, noch vor dem Einrichten, Möbelaufbauen und Bieröffnen, bestand darin, einen Raum zu erkiesen, in dem in Zukunft alle für Fotoromane und Bilderstrecken benötigten Kleidungsstücke und Gegenstände aufbewahrt werden sollten. Dieser füllte sich dann zur großen Verwunderung der Mitarbeiter/innen im Handumdrehen mit geschmacklosen Kleidungsstücken, ausgeleierten Sexpuppen und Naziuniformen unbekannten Ursprungs.

So malt sich zumindest die aktuelle Redaktion heute, 45 Jahre später, Deine Entstehungsgeschichte aus, lieber Fundus! Denn Du bist fürs Büro unabdingbar und wirst von Heftkenner/innen als wichtigster und titanischster Raum der Bundesrepublik gehandelt.

Und das völlig zu Recht: In Dir hängt der edle, von Martina Werner aus der Modemetropole London importierte Leopardenfellmantel (unecht) direkt neben der Kiste mit der dubiosen Aufschrift inklusive seltsamer Anführungszeichensetzung »Brüste, Propellermütze, ›Muslim‹, Jude, Papst, Kippa«. Hier steht die Thermoskanne, aus der beim Öffnen ein Dildo hervorschießt, neben der Kleiderstange mit dem penibel gebügelten Messdienerkostüm.

Hier befindet sich das ekligste Make-up der Welt, das einmal an einem Akne- und Staublungenausbruch bei der gesamten Belegschaft schuld war, als es bei einem der vielen gescheiterten Aufräumversuche herunterfiel und in alle Atemwege und Poren gelangte. Hier steht der Kistenstapel, dessen unterster Karton mit »Frauke Petry« beschriftet ist, der darüber mit »Clown«, und den obersten ziert die Aufschrift »Pferd«. Und nur hier liegt die SS-Uniform herum, die schon im Stuttgarter Haus der Geschichte bewundert werden konnte.

Nicht nur stehst Du für die geniale Dialektik der (alten) TITANIC, Du fungierst auch als Seismograf des Zeitgeistes: Die immer größer werdende Verklemmtheit der Redaktion lässt sich daran ablesen, dass das in Versalien geschriebene »Sex« auf dem ehemaligen Sexkarton mittlerweile durchgestrichen ist. Stattdessen befinden sich in der Kiste laut Aufschrift »Wolle, Seile, Kordel, Nähzeug«. O tempora! Auch Deine Unordnung, in der sich selbst die erfahrensten Angestellten nicht zurechtfinden, lässt sich symbolisch verstehen, erinnert sie doch stark an die Gesprächsführung während einer durchschnittlichen Titelkonferenz.

Du hast schon viel mediale Aufmerksamkeit bekommen, Fundus: Du wurdest für die Vice abgelichtet und im Musikexpress abgebildet – im Grunde hast Du alles erreicht!

Nur eines fehlte Dir – bis jetzt: eine Laudatio von Deiner eigenen Redaktion. Deshalb nun endlich, geehrter Fundus: Alles Gute zum 45jährigen Bestehen! Herzlichen Glückwunsch zum Geburtstag!

Schmettert Dir ein kräftiges »Vivat, vivat!« entgegen:

Für immer Deine Titanic

Vom Fachmann für Kenner

 Schattenseite des Longevity-Trends

Ob ich mit fast 60 noch mal Vater werden sollte? Puh, wenn das Kind 100 ist, bin ich schon 160!

Martin Weidauer

 Krass, krasser, Kasse

Wenn ich im Alltag mal wieder einen Kick suche, gehe ich kurz nach Feierabend oder samstags bei einem Discounter einkaufen. Finde ich dort eine richtig lange Kassenschlange vor, stelle ich mich nicht etwa an, sondern lege meine Einkäufe auf die nicht besetzte Kasse daneben. Hier beginnt der Nervenkitzel: Werde ich wie der letzte Idiot erfolglos auf die Öffnung der neuen Kasse warten oder wie ein allwissender Gott über den gewöhnlichen Einkäufern schweben? Mehr Spannung geht nicht. Anfängern rate ich allerdings, sich erst nach dem Schrillen, mit dem im Supermarkt Kollegen gerufen werden, an der leeren Kasse anzustellen. So kann man sich mit ein paar sicheren Erfolgen langsam an das freie Anstellen herantasten.

Karl Franz

 Bibelfest

Ich habe letztens geträumt, dass ich Teil einer christlichen Punk-Band war. Unser größter Hit: »Jesus muss sterben, damit wir leben können«.

David Sowka

 Unangenehm

Auch im Darkroom gilt: Der Letzte macht das Licht aus.

Sebastian Maschuw

 Obacht!

Die Ankündigung von Mautgebühren ist furchterregend, aber so richtig Gänsehaut bekomme ich immer erst, wenn bei Google Maps als »Warnhinweis« auftaucht: »Diese Route verläuft durch Österreich.«

Norbert Behr

Vermischtes

Erweitern

Das schreiben die anderen

  • 28.10.:

    Das Schweizer Nachrichtenportal Watson preist den aktuellen Titel der Novemberausgabe im "Chat-Futter" an.

Titanic unterwegs
31.10.2024 Hamburg, Zinnschmelze Ella Carina Werner
01.11.2024 Oschatz, Thomas-Müntzer-Haus Thomas Gsella und Hauck & Bauer
05.11.2024 Sylt, Feuerwache Tinnum Gerhard Henschel
05.11.2024 Frankfurt am Main, Club Voltaire »TITANIC-Peak-Preview«