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Müters Söhne #25

USA

"Ich muss jemanden besuchen"

Thorben ist 5 Jahre alt. Seine Mutter Viola Müter schreibt hier im wöchentlichen Wechsel über ihn und ihre anderen zwei Söhne im Alter von 12 und 17 Jahren. Die Mutter nennt sie liebevoll ihre "Mütersöhnchen".

Als Thorben mir neulich mitteilte, dass er sofort in die USA reisen wolle, ahnte ich nicht, dass er ein Attentat auf Donald Trump plante. Ich dachte, sein Wunsch rühre einfach daher, dass er ein riesiger Fan von zugesetztem Zucker ist. "Ich muss jemanden besuchen", erklärte er kryptisch. Ich bin mit Jugendsprache nicht allzu vertraut. Aber ich weiß genug, um zu verstehen, dass er damit "umbringen" meinte. Ich bin enttäuscht von Thorben. Die Idee, den ehemaligen Präsidenten zu erschießen, ist weder originell noch slay. Ich möchte nicht, dass mein vielversprechendster Sohn ein Nachahmer wird.

Es sieht so aus, als seien auch Thorbens Beweggründe ziemlich einfallslos. Thorben hat sich schon immer abweisend gegenüber "alten weißen Männern" verhalten. Er bekommt Ausschlag, wenn er seinen Großvater im Garten oder Thomas Gottschalk im Fernsehen sieht. Als Thorben kürzlich Donald Trump in den Nachrichten sah und darauf den Meerschweinchenstall zerlegte, habe ich mir deshalb nichts dabei gedacht. Es langweilte mich eher. Ich hatte immer gehofft, dass sich die Generation Alpha ein neues, kreativeres Feindbild überlegt.

Es dauerte etwas, bis sich alle Puzzleteile in meinem Kopf zusammensetzten. Eigentlich machte es erst Klick, als Thorben mir mitteilte, dass er ein Swiftie sei. Ein Swiftie ist jemand, der gerne die Musik von Taylor Swift hört. Bei Thorben bedeutet das Swiftie-Dasein anscheinend auch, den republikanischen Präsidentschaftskandidaten ausschalten zu wollen, um die Kamala-Harris-Supporterin Taylor Swift glücklich zu machen. Es ärgerte mich. Ich habe Thorben bisher als eher unpolitisch wahrgenommen. Und dabei bleibt es. Der Hass auf alte Männer, die Obsession mit Taylor Swift – das ist zu viel Gewöhnlichkeit für ein außergewöhnliches Kind.

Sogar ich hätte einen überzeugenderen Grund, Trump aus dem Weg zu schaffen. Ich musste am eigenen Leibe erfahren, wie kaputt die USA sind. Dass sie sich Ausländer ins Land holen, um sie systematisch auszubeuten. Wie meinen Mann, der unser ganzes Erspartes an der Slotmaschine in Las Vegas verloren hat. Damals war George W. Bush Präsident. Ich gebe ihm persönlich und den Republikanern die Schuld daran, dass unsere Hochzeit im Hobbykeller meines Schwiegervaters stattfinden musste. Und besonders daran, dass unser Buffet in das Gelände seiner Modelleisenbahn integriert wurde. Thorben hätte auch sagen können: "Ich mach’s für dich, Mama!" Aber das tat er nicht.

Bisher hat mir Thorben noch gar nichts von seinen Plänen erzählt. Dafür habe ich eine Postkarte aus den USA in seinem Zimmer gefunden. Ich erkannte die Handschrift sofort. Sie war von seinem Vater, dem Mentalisten Stefan. Ich bin gerne selbstkritisch. Es ist möglich, dass ich die ganze Sache überinterpretiere. Wahrscheinlicher aber ist, dass Thorben seinen Vater eingeweiht hat. Er kann sehr überzeugend sein. Das liegt an seinen einzigartigen Kulleraugen. Mich wird er nicht überzeugen. Das Attentat ist moralisch falsch. Ich würde mich mitschuldig machen. Mitschuldig daran, dass Thorben durchschnittlich wird.

Die Kolumne von Viola Müter erscheint jeden Donnerstag nur bei TITANIC.

Kategorie: Allgemein



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Heftrubriken

Briefe an die Leser

 Wie Ihr Euch als Gäste verhaltet, liebe »Zeit online«-Redaktion,

ist uns wirklich schleierhaft. Immerhin empfehlt Ihr allen guten Besucher/innen, beim Verlassen des Gästezimmers »mehr als eine Unterhose« anzuziehen. Da drängen sich uns einige Fragen auf: Ist Euch im Höschen öfters kalt? Ist das wieder so ein Modetrend, den wir verpasst haben? Gibt es bei Eurem Gastgeber keine Toilette und Ihr müsst vorbeugen?

Und wie trägt man überhaupt mehr als eine Unterhose? Muss man sich Buxen in aufsteigenden Größen kaufen oder reicht ein erhöhter Elastan-Anteil? Wie viele Schlüpferlagen empfiehlt der Knigge?

Denkbar wäre etwa, bei engen Freund/innen zu zwei, bei Geschäftskolleg/innen jedoch zu mindestens fünf Slips zu greifen. Aber wie sieht es aus bei der nahen, aber unliebsamen Verwandtschaft?

Trägt zur Sicherheit immer mindestens drei Stringtangas: Titanic

 Gut gehobelt, Noemi Molitor (»Taz«)!

»Unser Handwerk im Journalismus ist die Sprache. Bei genau diesem Werkzeug lohnt es sich also, genau hinzuschauen und auch ethische Fragen an orthografische Regeln zu stellen.«

Die Sprache: Handwerk und Werkzeug in einem. Wird auch nicht besser mit dem Fachkräftemangel, wie?

Schaut genau hin: Titanic

 Gott sei dank, »Focus«!

Du schreibst: »Fleischkonsum sinkt, Mitarbeiter fehlen. Fachkräftemangel trifft die Wursttheke«. Aber sieh es doch mal positiv, lieber Focus: Es wäre doch viel schlimmer, wenn aufgrund des hohen Fleischkonsums die Mitarbeiter/innen verschwinden würden …

Grüße aus der Fleet Street schickt Titanic

 Really, Winona Ryder?

Really, Winona Ryder?

In einem Interview mit der Los Angeles Times monierten Sie, dass einige Ihrer jungen Schauspielerkolleg/innen sich zu wenig für Filme interessierten. Das Erste, was sie wissen wollten, sei, wie lange der Film dauere.

Wer hätte gedacht, Ryder, dass Sie als Kind aus der Glanzzeit des Fernsehkonsums einmal die Nase rümpfen würden, weil junge Menschen möglichst wenig vor der Glotze sitzen und sich stattdessen lieber bewegen wollen? Davon abgesehen: Sind Sie sicher, dass sich die Abneigung gegen Cineastisches und das Verlangen, bereits beim Vorspann die Flucht zu ergreifen, nicht nur auf Werke beziehen, in denen Sie mitspielen?

Fragt sich Ihre Filmconnaisseuse Titanic

 Interessant, was Sie da sagten, Erling Haaland (Manchester City)!

»Die besten Spieler sind die besten in den einfachsten Dingen. Mit der rechten Hand berühren und mit der linken passen. Das ist das Wichtigste. Pep sagt das immer wieder zu mir.«

Mit welcher Hand man dann das Tor erzielt, ist egal, meint im Gedenken an Diego Maradona Titanic

Vom Fachmann für Kenner

 Zum Sterben hoffentlich zu dämlich

In der Wartezone der Arge in Fürth sitzen zwei Männer um die vierzig. Einer der beiden hält eine aufgeschlagene Tageszeitung so, dass der zweite mitlesen kann. Geduldig blättern sie gemeinsam bis zur Seite mit den Todesanzeigen. »Schau«, sagt der eine, »da ist einer zwei Mal gestorben.« – »Wie kommst du darauf?« – »Lies doch! Derselbe Name in zwei Anzeigen.« – »Tatsächlich! Zwei Mal gestorben. Wie er das wohl geschafft hat?« Eine längere Denkpause setzt ein. »Wahrscheinlich einer wie ich, der nichts auf Anhieb hinkriegt«, schlussfolgert der eine dann. »Ha, das kommt mir bekannt vor!« stimmt der zweite ein. »Meine erste Frau mit den Kindern abgehauen, Führerschein schon drei Mal gemacht. Also zwei Mal wegen Alkohol, und ich weiß gar nicht, wie oft ich schon hier nach einer neuen Arbeit angestanden bin.« – Seufzend: »Hoffentlich kriegen wir wenigstens das mit dem Sterben mal besser hin als der hier …«

Theobald Fuchs

 Obacht!

Die Ankündigung von Mautgebühren ist furchterregend, aber so richtig Gänsehaut bekomme ich immer erst, wenn bei Google Maps als »Warnhinweis« auftaucht: »Diese Route verläuft durch Österreich.«

Norbert Behr

 Kurzzeitgenossen

Bei der Meldung zu Anton Bruckners 200. Geburtsjubiläum (4. September) und dem tags darauf sich jährenden Geburtstag Heimito von Doderers (5. September) mit Interesse bemerkt, dass beide Herren im Jahr 1896 kurz gleichzeitig am Leben waren: nämlich fünf Wochen und einen Tag lang, von Klein-Heimitos Entbindung bis zu Bruckners Tod am 11. Oktober. Solche ganz knapp verpassten Möglichkeiten der Seelenwanderung faszinieren mich. Was wäre gewesen, hätte man Doderer etwas später zur Welt gebracht, wäre Bruckners Geist schon ein paar Wochen früher »frei« gewesen? Hätte Wien / Ansfelden ein reinkarniertes Doppeltalent Heimtoni von Brucknerer überhaupt ausgehalten, hätte die literarisch-musikalische Welt unter dem Eindruck der »Strudlhofsinfonie«, des »Rondo in c-Moll für Streichquartett und einen Merowinger« (Alternativtitel: »Die tonale Familie«) oder der kurzen vierstimmigen Motette »Die Peinigung der Orgelpfeifelchen« vor Entzücken und Überwältigung alle viere von sich gestreckt, aufgegeben und ihren Kulturbeutel auf immerdar zusammengepackt? – Dass das Spekulieren über solche vergeigten Leider-nicht-Seelenwanderungen nur sehr ausnahmsweise Sinn ergibt, dämmerte mir aber, als ich ad notam nahm, mit welchen Gruselgestalten und potentiellen Reinkarnationsgefäßen seinerseits Doderer seine allerletzten Tage im Herbst 1966 verbringen musste: Stefan Raab (*20.10.66), David Cameron (*9.10.66), Caroline Beil (*3.11.66) und sogar noch haarscharf David Safier (*13.12.66, »Miss Merkel – Mord am Friedhof«; »Der kleine Ritter Kackebart«). Dann schon lieber die Seele mit in die Hölle nehmen.

Michael Ziegelwagner

 Schrödingers Ruhebereich

Wenn es im Abteil so still ist, dass ein Fahrgast einschläft und dann übertrieben laut schnarcht.

Loreen Bauer

 Unangenehm

Auch im Darkroom gilt: Der Letzte macht das Licht aus.

Sebastian Maschuw

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Das schreiben die anderen

  • 26.09.:

    Noch-Grünenchefin Ricarda Lang retweetet "ihren" Onlinecartoon vom 25.09.

Titanic unterwegs
27.09.2024 Siegen, Lyz Hauck & Bauer und Thomas Gsella
27.09.2024 Troisdorf, KÜZ-Festival Martin Sonneborn
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01.10.2024 Oldenburg, Kunstverein Bernd Eilert mit Franziska Augstein