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"Wenn die Kirche nicht alles aufklärt, trete ich aus!" – Ein Gastbeitrag von Benedikt XVI.

Die katholische Kirche hat mal wieder viel Ärger. Mittendrin: Papst a.D. Benedikt XVI. In einem Gastbeitrag möchte er nun deshalb ein paar kleine Missverständnisse richtigstellen. Außerdem hat er herausgefunden: "Missbrauch hat heute einen schlechten Ruf!"      

Liebe Brüder und Schwestern,    

es gab in letzter Zeit ein bisschen Aufregung um die katholische Kirche und ein paar kleine Missverständnisse im Zusammenhang mit meiner Person. Deshalb freut es mich außerordentlich, dass ich nun die Gelegenheit habe, alles richtigzustellen. Als ich vor ganz vielen Jahren Erzbischof von München und Freising war, sollen angeblich ungeheuerliche Dinge passiert sein. Zum Beispiel soll ich 1980 an einem schönen Sonntag im Juli bei einem Spaziergang in Freising Steine auf Enten geworfen haben. Nun, ich möchte betonen, dass das so nicht korrekt ist. Ich war an dem besagten Tag gar nicht in Freising, sondern in Petting. Außerdem waren es nach meiner Erinnerung keine Enten, sondern Eichhörnchen. Und: Die haben angefangen!    

Ferner soll ich in meiner Zeit als Erzbischof in den 1980er-Jahren zu dem Song YMCA der Musikkapelle "Village People" getanzt haben, wie auch zu einem Lied des Schlagersängers Udo Lindenberg. Hierzu stelle ich fest: Ja, das stimmt! Auch wenn ich hierbei als Privatmann gehandelt habe, tut mir das Ganze selbstverständlich sehr leid – vor allem Letzteres. Ich bitte, diese Fehler zu entschuldigen. Im Nachhinein ist man immer klüger. Ich hätte damals vieles dafür gegeben, zu einem fetzigen Lied von Helene Fischer zu tanzen. Leider war dies nicht möglich. Warum genau und welche Verantwortung dafür das Fräulein Fischer trägt, das wird eine eigens von mir beauftragte Kommission in den kommenden Jahren gründlich untersuchen.    

In den vergangenen Tagen musste ich oft an meine Zeit als Erzbischof denken. Dabei fiel mir unter anderem ein, dass es damals bisweilen recht freizügig zuging in der Gesellschaft. Es soll sogar Menschen gegeben haben, die zum Teil unbekleidet geduscht haben. Ich würde das gerne ungeschehen machen. Sicherlich werden sich jetzt einige fragen, wer dafür verantwortlich ist. Nun, ich habe einen Verdacht: Ich kann mir gut vorstellen, dass die 68er, RTL und Ballerspiele im Internet an diesem Verhalten nicht ganz unschuldig gewesen sind.    

Derzeit sind viele Menschen von der katholischen Kirche enttäuscht, einige so sehr, dass sie aus der Kirche ausgetreten sind. Das erfüllt mich mit Scham und Schmerz. Wie ich gehört habe, soll es in meiner Zeit als Erzbischof auch so etwas wie Missbrauch gegeben haben. Sollte da etwas "dran sein", werde ich nicht zögern, meinen lieben Freund und Privatsexkretär Georg Gänswein zu bitten, unverzüglich innerhalb von sechs Monaten eine knappe Erklärung zu formulieren, in der ich mich höchstwahrscheinlich entsetzt oder so ähnlich äußern werde. Missbrauch hat heute aus irgendwelchen Gründen einen schlechten Ruf, aber ich begrüße das ausdrücklich. Und ich verspreche: Wenn die Kirche nicht alles aufklärt, trete ich ebenfalls aus!

Ich habe mir zuletzt (in den vergangenen dreieinhalb Minuten) oft die Frage gestellt, wie die Kirche wieder attraktiver werden könnte. Einige Kritiker sagen jetzt vermutlich: Zölibat abschaffen, Frauen mehr Platz einräumen, Vertuscher bestrafen. Dazu möchte ich anmerken: Das sind alles sehr bürokratische Vorschläge, die Umsetzung würde Jahrzehnte dauern, wenn nicht sogar Jahrhunderte. Die Kirche muss den Menschen aber jetzt sofort ein schönes Angebot machen. Wie wäre es deshalb, wenn wir zu jedem Kircheneintritt ein Bratwürstel spendieren? Ich denke, damit bringen wir die Menschen schnell auf unsere Seite. Einen Versuch ist es sicherlich wert.    

Abschließend möchte ich noch zu einem ganz und gar positiven und versöhnlichen Thema kommen: dem Tod. Ich beschäftige mich schon seit einiger Zeit damit. Das erfüllt mich jeden Tag mit Freude. Ich kann es nur jedem empfehlen. Unter anderem mache ich mir Gedanken über meine letzten Worte. Zunächst dachte ich, ich nehme am besten "Ich bin dann mal weg!" oder "War schön mit Euch, Leute!", allerdings finde ich das mittlerweile ein bisschen zu salopp. Jetzt habe ich zwei andere Favoriten: "Tschö mit ö!" und "Ciao Kakao!" Festlegen will ich mich vorerst nicht, sondern dann, wenn es soweit ist, spontan entscheiden.    

In diesem Sinne: Der Herr sei mit euch!    

Euer Benedikt    

 

Dimitri Taube

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Heftrubriken

Briefe an die Leser

 Bitte schön, Annika Stechemesser!

Sie sind Klimaforscherin in Potsdam, wurden in der Frankfurter Rundschau am Tag nach den brisanten Landtagswahlen zum Thema »effektiver Klimaschutz« interviewt, und da wir heute auf keinen Fall Witze mit Namen machen wollen, lassen wir das einfach mal so stechen, äh, stehen!

Ganz lieb grüßt Ihre Titanic

 Ho ho ho, Venezuelas Präsident Nicolás Maduro!

Ho ho ho, Venezuelas Präsident Nicolás Maduro!

Mitten im Streit um das wohl von Ihnen manipulierte Wahlergebnis bei der Präsidentschaftswahl haben Sie wieder einmal tief in die politische Trickkiste gegriffen: »Es ist September, und es riecht schon nach Weihnachten«, frohlockten Sie in einer Fernsehansprache. »Als Dank an das kämpferische Volk werde ich daher Weihnachten per Dekret auf den 1. Oktober vorziehen.«

Wir haben sogar eine noch bessere Idee, Maduro: Könnten Sie nicht per Dekret Weihnachten von Anfang Oktober bis Ende Dezember stattfinden lassen? Im Gegensatz zum Kanzler in seinem kapitalistischen Schweinesystem können Sie doch sicher bestimmen, dass die planwirtschaftliche Lebkuchen-Vanillekipferl-Produktion schon im Juni anläuft. So können Sie sich nicht nur ein paar Tage, sondern ganze drei Monate Ruhe zum Fest schenken!

Rät Titanic

 Stefan Schlatt, Reproduktionsbiologe an der Uni Münster!

Sie gaben im Zeit-Wissensteil ein ganzseitiges Interview, das wie folgt betitelt wurde: »Der Hoden ist der Kanarienvogel des Mannes«. Eine billige Masche der Zeit, mit einer bizarren Überschrift Neugier zu wecken, das war uns sofort klar. Dennoch wollten wir natürlich wissen, in welchem Zusammenhang Sie das oben Zitierte von sich gaben.

»Der Testosteronspiegel des Mannes geht nur langsam zurück, vor allem, weil er im Alter immer dicker wird und nicht mehr so gesund ist wie mit 25. Dies zeigt sich dann an der Hormonproduktion im Hoden. Bergleute haben früher Kanarienvögel mit unter Tage genommen, die Alarm schlugen, wenn die Luft dünner wurde. Man könnte sagen: Der Hoden ist der Kanarienvogel des Mannes.«

Wo sollen wir anfangen, Schlatt? Der Kanarienvogel diente Bergleuten als Indikator für die sinnlich nicht wahrnehmbare Gefahr der Kohlenmonoxidvergiftung. Diese soll in Ihrer Metapher wohl der niedrige Testosteronspiegel sein, der nicht etwa durch das Übergewicht, sondern nur durch den Hoden zu erkennen ist. Und das geschieht wie, Schlatt? Schlägt der Hoden Alarm, indem er laut zwitschert? Sind die Kanarienvögel unter Tage nicht vielmehr verstummt und tot umgefallen? Und was ist in Ihrer Analogie eigentlich der Käfig für den singenden Hoden?

Fest steht hier im Grunde nur eins: Bei Ihnen piept es gehörig – im Kopf und in der Hose.

Tirili: Titanic

 Philipp Bovermann (»SZ«)!

Früher hatten Sie Angst vor der Klimakatastrophe. Heute sind Sie Mitte dreißig und haben dazugelernt: »Ich kann heute nur noch darüber staunen, wie wenig tief mich die Tatsache bekümmert, dass der Planet überhitzt, dass Arten verschwinden, Ökosysteme kollabieren, Regenwälder brennen, Meeresböden sich in Wüsten verwandeln. Menschen werden sterben, Menschen sterben schon heute, das Leid der Tiere sprengt alle Vorstellungskraft – aber jetzt stehe ich auf meinem Balkon, habe mir ein Leben aufgebaut, mit einem tollen Job, einer tollen Frau, einer tollen Tochter, unten auf dem Teich schwimmt eine Entenfamilie vorbei, und geblieben ist nur die sanfte Sorge, dass ich mir zu wenig Sorgen mache. Ich grusele mich vor mir selbst. Aber nur ein winziges bisschen.« Denn »vielleicht ist es rational, wegen des Klimawandels ruhig zu bleiben und sich auf das Leid im Hier und Jetzt zu konzentrieren. Die Welt wird schon nicht gleich untergehen.«

Nein, Kollege Bovermann, wird sie nicht, jedenfalls Ihre nicht. An den Menschen in Südostasien oder Osteuropa, betroffen von einem exemplarischen Regen aus der neuen Klimagegenwart, schwimmen derweil keine Entenfamilien, sondern ihre toten Töchter vorbei, während Sie sich so arg auf das Leid im Hier und Jetzt konzentrieren, dass es alle Vorstellungskraft sprengt.

Vorm ewigen Jungspießer gruselt’s da ein bisschen: Titanic

 Mal halblang, Polizei Düsseldorf!

Irgendwie war ja zu erwarten, dass Du Dich in Deinen Ermittlungen zum Anschlag in Solingen von rassistischen Debatten und wütenden Rufen nach Massenabschiebungen beeinflussen lässt. Wenn Du in einem Aufruf an die Bevölkerung aber auch noch um »Angaben zur Herkunft der abgebildeten Regenjacke« bittest – gehst Du damit nicht ein bisschen zu weit?

Deine Sittenwächterin von der Titanic

Vom Fachmann für Kenner

 Zum Sterben hoffentlich zu dämlich

In der Wartezone der Arge in Fürth sitzen zwei Männer um die vierzig. Einer der beiden hält eine aufgeschlagene Tageszeitung so, dass der zweite mitlesen kann. Geduldig blättern sie gemeinsam bis zur Seite mit den Todesanzeigen. »Schau«, sagt der eine, »da ist einer zwei Mal gestorben.« – »Wie kommst du darauf?« – »Lies doch! Derselbe Name in zwei Anzeigen.« – »Tatsächlich! Zwei Mal gestorben. Wie er das wohl geschafft hat?« Eine längere Denkpause setzt ein. »Wahrscheinlich einer wie ich, der nichts auf Anhieb hinkriegt«, schlussfolgert der eine dann. »Ha, das kommt mir bekannt vor!« stimmt der zweite ein. »Meine erste Frau mit den Kindern abgehauen, Führerschein schon drei Mal gemacht. Also zwei Mal wegen Alkohol, und ich weiß gar nicht, wie oft ich schon hier nach einer neuen Arbeit angestanden bin.« – Seufzend: »Hoffentlich kriegen wir wenigstens das mit dem Sterben mal besser hin als der hier …«

Theobald Fuchs

 Kurzzeitgenossen

Bei der Meldung zu Anton Bruckners 200. Geburtsjubiläum (4. September) und dem tags darauf sich jährenden Geburtstag Heimito von Doderers (5. September) mit Interesse bemerkt, dass beide Herren im Jahr 1896 kurz gleichzeitig am Leben waren: nämlich fünf Wochen und einen Tag lang, von Klein-Heimitos Entbindung bis zu Bruckners Tod am 11. Oktober. Solche ganz knapp verpassten Möglichkeiten der Seelenwanderung faszinieren mich. Was wäre gewesen, hätte man Doderer etwas später zur Welt gebracht, wäre Bruckners Geist schon ein paar Wochen früher »frei« gewesen? Hätte Wien / Ansfelden ein reinkarniertes Doppeltalent Heimtoni von Brucknerer überhaupt ausgehalten, hätte die literarisch-musikalische Welt unter dem Eindruck der »Strudlhofsinfonie«, des »Rondo in c-Moll für Streichquartett und einen Merowinger« (Alternativtitel: »Die tonale Familie«) oder der kurzen vierstimmigen Motette »Die Peinigung der Orgelpfeifelchen« vor Entzücken und Überwältigung alle viere von sich gestreckt, aufgegeben und ihren Kulturbeutel auf immerdar zusammengepackt? – Dass das Spekulieren über solche vergeigten Leider-nicht-Seelenwanderungen nur sehr ausnahmsweise Sinn ergibt, dämmerte mir aber, als ich ad notam nahm, mit welchen Gruselgestalten und potentiellen Reinkarnationsgefäßen seinerseits Doderer seine allerletzten Tage im Herbst 1966 verbringen musste: Stefan Raab (*20.10.66), David Cameron (*9.10.66), Caroline Beil (*3.11.66) und sogar noch haarscharf David Safier (*13.12.66, »Miss Merkel – Mord am Friedhof«; »Der kleine Ritter Kackebart«). Dann schon lieber die Seele mit in die Hölle nehmen.

Michael Ziegelwagner

 Quo vadis, Fortschritt?

Unfassbar: Nach so vielen Jahren des Horrorfilms gruseln sich die Leute noch vor der Nosferatu-Spinne. Wann taucht in unseren Breiten endlich die Slasher- oder Zombie-Spinne auf?!

Mark-Stefan Tietze

 Jeder kennt ihn

Die Romantrilogie auf der Geburtstagsfeier, das Raclettegerät auf der Taufe, die Gartenfräse zur Beerdigung: Ich bin der Typ in deinem Bekanntenkreis, der dir geliehene Sachen in den unmöglichsten Situationen zurückgibt.

Leo Riegel

 Im Unterzucker

Wenn man sich bei seinem Lieblingsitaliener keine Pizza bestellen kann, weil man nicht alle Vespas auf den Fotos gefunden hat – liegt das dann am nicht bestandenen Turin-Test?

Lara Wagner

Vermischtes

Erweitern

Das schreiben die anderen

  • 03.10.: Der MDR kramt bei der Debatte, ob Ostdeutschland in den Medien schlechtgeredet wird, die Zonen-Gaby wieder hervor.
  • 26.09.:

    Noch-Grünenchefin Ricarda Lang retweetet "ihren" Onlinecartoon vom 25.09.

  • 18.09.: TITANIC-Zeichnerin Hilke Raddatz ("Briefe an die Leser") ist mit dem Wilhelm-Busch-Preis geehrt worden. Die SZLZ und der NDR berichten.
  • 12.09.:

    "Heute detoxe ich im Manager-Retreat im Taunus": TITANIC-Chefredakteurin Julia Mateus im Interview mit dem Medieninsider.

  • 29.08.:

    Die FR erwähnt den "Björnout"-Startcartoon vom 28.08.

Titanic unterwegs
23.10.2024 Karlsruhe, Tollhaus Max Goldt
23.10.2024 Berlin, Walthers Buchladen Katharina Greve
24.10.2024 Stuttgart, Im Wizemann Max Goldt
25.10.2024 Potsdam, Waschhaus-Arena Thomas Gsella