Whistleblower vorgestellt
Julian Assange, Bradley Manning, Edward Snowden – sog. Whistleblower sind in aller Munde, längst populärer als der Gitarrist von U2 und führen ein beneidenswertes Luxusleben in den exklusivsten Botschaften der Welt (Ecuador, Österreich, Guantanamo). TITANIC stellt drei weitere Vertreter dieser bunten Spezies vor:
- Leon S. (9): Der Düsseldorfer Jungspund hackte sich mit seinem "gejailbreakten" I-Phone vor wenigen Wochen in das minderwertige Samsung-Gerät seiner Klassenlehrerin Renate K., erbeutete ein Diktat sowie zwei pikante Arbeitsblätter in Heimat- und Sachkunde (mit Lösungen). Verschlüsselt lud er die Dateien in der Whats-App-Gruppe der Klasse 3b hoch, forderte freien Zugang zum Schokomilch-Automaten, drohte ansonsten mit der Herausgabe des Passworts (sein Geburtsdatum). Leon S. sitzt derzeit im Klassenzimmer 304 nach, das, unterm Dach gelegen, für seine sommerliche Hitze berüchtigt ist.
- Helmut K. (83): Der mittelmäßig erfolgreiche Regionalpolitiker erlangte in den 70er Jahren Kenntnis über unbekannte Erbschaftsansprüche der CDU aus dem Jahr 1945. Während er seine Frau Hannelore damit betraute, die sensiblen Daten bei sich im Dunkeln zu verwalten, erkaufte er sich in der Union mit "vertraulichen Spenden" stückchenweise insgesamt 16 Jahre Kanzlerschaft. Nach seinem Sturz 1998 wurde Folterexpertin Maike R. von der Union beauftragt, ihm weitere Leaks zu entlocken. Heute droht Helmut K. mit Demenz und damit mit der endgültigen Vernichtung aller Daten.
- Heribert P. (59): Nach Beendigung seiner juristischen Laufbahn heuerte P. 1988 als Praktikant bei der Süddeutschen Zeitung an, der er bis heute in dieser Funktion angehört. Im Jahr 2003 fand er neben der Kaffeemaschine der Redaktionsküche einen Zettel mit Zugangsdaten zu den geheimen Meldungen des Dpa-Basisdienstes. Seitdem schreckt er – sehr zum Ärger mächtiger Machtpolitiker! – nicht davor zurück, diese täglich über explosive Kommentare in der SZ zu leaken. Heribert P. lebt in Gentrifizierungshaft nahe der Münchner Isar.
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