Aus Eugen Egners Püppchenstudio
Ist Reisen nicht erlernbar?
Am Fahrkartenschalter versuchte 341,2, das zum Erwerb eines Fahrausweises erforderliche Antragsformular auszufüllen.
»Das kann ich im Leben nicht«, dachte er.
Bei seinem Namen machte er das Komma an der falschen Stelle, als Geburtsdatum gab er das des vergangenen Tages an. Während er krampfhaft überlegte, was er als »Grund der Reise« eintragen sollte, setzte er aus Versehen das untere Drittel des Formulars in Brand. Zuguterletzt mußte seine Frau telephonisch herbeigerufen werden, damit sie das Ausfüllen erledigte.
»Kann er denn selbst reisen?« erkundigte sich die Schalterbeamtin. Die Ehefrau von 341,2 bezweifelte das aus gutem Grund.
341,2 dachte: »Das kann ich im Leben nicht.«
Der Bahnhofsvorsteher kam, um ihm das Reisen beizubringen. Mit vereinten Kräften steckten sie den angehenden Fahrgast in die Isolierwanne.
»Da wird er es bestimmt kapieren, das hat bisher noch jeder«, versicherte der Bahnhofsvorsteher der skeptischen Ehefrau. »Glauben Sie mir: wer das Reisen in der Isolierwanne gelernt hat, beherrscht es gründlich.«
Sobald 341,2 wieder herauskam, ließen sie ihn getrost reisen.
»Gute Reise«, riefen sie ihm winkend nach und: »Du kannst es!«
»Das kann ich im Leben nicht«, dachte 341,2, als er im davoneilenden Wagenkasten saß. Beim nächsten Halt auf offener Strecke stieg er aus. Die Bahnpolizei griff ihn gegen Abend auf.
»Was tun Sie da?« fragten die Beamten.
»Ich ... reise«, gab 341,2 unsicher zur Antwort.
Die Beamten schüttelten die Köpfe: »Nichts für ungut, der Herr, aber für uns sieht das eher so aus, als versuchten Sie, Chlorschnaps aus Bahnschwellen zu gewinnen.«