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Aus Eugen Egners Püppchenstudio

Eine sehr schöne Detektivgeschichte (Schulbuchlektüre)

Detektiv Brimlock war blind, gelähmt und komplett blödsinnig, deshalb konnte er auch keinen einzigen Fall lösen. Seine Detektei ging, wie sich denken lässt, nicht besonders gut. Seit Jahren war die Miete für das Büro überfällig, Strom, Gas und Telefon waren längst abgestellt worden. Hätte Lelia Rifkin, die Sekretärin, nicht alle Tage Strom, Gas und Telefon von zu Hause mitgebracht, wäre der Betrieb gänzlich zusammengebrochen. Ein Gehalt konnte der Detektiv seiner Sekretärin natürlich nicht zahlen, und sie musste sich ihren Unterhalt verdienen, indem sie nach Feierabend teure Knochen ausgrub. Brimlock interessierte sich ausschließlich für seine Bassetthörner, die er sich jedoch genauso einbildete wie die Misslichkeit, dauernd ums Leben zu kommen. Ungezählte Male spielte sich tagtäglich folgende Szene ab:
»Rifkin! Rifkin! Kaufen Sie mir schnell ein Ersatzleben! Mein Gott, dauernd komm ich ums Leben! Gehen Sie, Rifkin, gehen Sie! Mein Gott, wenn ich in dieser bösen Zeit meine Bassetthörner nicht hätte! Und sehen Sie, Rifkin!« Die Sekretärin machte pflichtschuldigst kehrt, um sich anzusehen, was der Chef ihr zeigen wollte.

»Hier, Rifkin: meine Bassetthörner. Die sind nicht aus Hartgummi. Meine Bassetthörner sind nicht, wie heute üblich, aus Hartgummi, sondern aus hochdruckgepressten Fischresten. Und, Rifkin, sie haben umstrittene Siemens-Mund­stücke mit Ziegenmelkermehl-Intarsien, wenn ich das einmal in der Maske einer halb liegenden Kommissarin hinzufügen darf.« Er kam schon wieder ums Leben, Lelia Rifkin mußte sich mit der Beschaf­fung eines Ersatzlebens ganz schön beeilen.
»Besser wird es sein«, rief der blinde, gelähmte und komplett blödsinnige Detektiv ihr nach, »wenn Sie gleich einen ganzen Arm voll Ersatzleben auf Vor­rat kaufen, Rifkin. Kaufen Sie einen ganzen Arm voll Ersatzleben auf Vor­rat. Aber machen Sie schnell!« Rifkin hatte kaum den Raum verlassen, als Brimlock kreischte:

»Halt! Halt! Rifkin! Warten Sie! Mich befallen kuhgroße Zweifel. Was, wenn bei dem Ersatzleben-Vorrat, wie's der Zufall will, das Verfallsdatum zu knapp sitzt? Ausgerechnet dann komm ich garantiert wochenlang nicht ums Leben. Nein, kaufen Sie nur ein Ersatzleben, Rifkin, nur eins. So, wie ich's ursprünglich bestellt habe. Aber machen Sie schnell!« Lelia Rifkin pflegte sich sodann in die kleine Teeküche zurückzuziehen, um ihrem Chef einen Tee mit Sauerbraten-Aroma zu kochen. Den gab sie ihm gegenüber als Ersatzleben aus.
Nach dem Einschlürfen des Ersatzlebens lag Brimlock völlig mente captus da und träumte, Rifkin habe ein musikalisches Collegium ausfindig gemacht, bei dem er als Bassetthornist mitwirken konnte. Natürlich dachte er gar nicht da­ran, vorher zu üben. Ihn hatte von jeher die ideelle Seite des Musizierens mehr interessiert denn die praktische. Handwerk war ihm zuwider. Zum Vorspiel­ter­min fuhr Brimlock mit einer auf Kufen montierten hochbeinigen Holzkiste, hinter der er auf einer Bank saß. Mittels zweier vor ihm aus der pultartigen Kistenoberseite ragender Steuerknüppel manövrierte er das Vehikel. In der Kiste lagen seine Bassetthörner. 

Das Collegium traf sich freitagabends im Jagdschloss des Oberförsters. Von zwei Dienern in den Musiksalon geleitet, gewahrte Brimlock im Schein der Tranlampe eine Gesellschaft von haarigen Berserkern. Sie keuchten und schno­ben wildbewegt. Zuerst war es dem Neuankömmling nicht möglich, sie zahlenmäßig zu erfassen bzw. auseinanderzuhalten. Wo hörte das Tranlicht auf, wo begannen die Physiognomien der Versammelten? Brimlock begriff nur, wie unterentwickelt seine Frisur war (vom langen Liegen). Er fasste sich ein Herz und klappte die Holzkiste auf. Mit fester Stimme sprach er:
»Hier, Herrschaften: meine Bassetthörner. Die sind nicht aus Hartgummi, wie heute leider üblich. Nein, meine Bassetthörner sind aus hochdruckge­preß­ten Fischresten. Und, geschätzte Anwesende, sie haben umstrittene Siemens-Mundstücke mit Ziegenmelkermehl-Intarsien.«

Letzteres hatte er, wie gewohnt, in der Maske einer halb liegenden Kommis­sarin gesagt. Dann sei es ja gut, wurde einstimmig geantwortet. Es schlossen sich ausführliche Erörterungen an, ob Musik sechseckig oder würfelförmig sei. Darüber verging die Zeit, vorzuspielen brauchte der Detektiv nicht. Die übrigen Mitglieder des Collegiums schätzten die praktische Musikausübung ebenso wenig wie er. In langen, mit Begeisterung geführten Gesprächen entwickelten sie unerhörte Theorien und gerieten außer sich. Brimlocks Frisur durchlief paradoxe Stadien einer konvulsivischen Metamorphose. Er erwachte mit dem Gefühl, schon wieder ums Leben zu kommen.

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Klumpiges aus vielen Ländern

 

 


 

 

Weltpremiere:

Not und Rat in dunkler Zeit  (2. Teil)

Zum ersten Mal in seinem Leben mußte er die Hilfe eines professionellen Ratgebers in Anspruch nehmen. Der einzige Ratgeber auf dem ganzen verdammten abscheulichen Mond war aber ein zierliches blondes Mädchen, von dem man ohne Brille nichts Genaueres erkennen konnte. Auf für den Ratgeberberuf typisch geheimnisvolle Weise empfing das blonde Mädchen den Anwalt unter der Radarstation, wo es sehr staubig und, ehrlich gesagt, etwas unaufgeräumt war. Klumpiges aus vielen Ländern lag herum. Interessant war die Sprachregelung, der das Ratgeber-Mädchen folgte. Es sagte nämlich nicht "Klumpiges aus vielen Ländern", sondern (nach der jüngeren Übersetzung) "Stück von viel des Landes". Als Älterer konnte der Anwalt darüber nur den Kopf schütteln.

"Schildern Sie mir Ihre Not", sprach das Mädchen dann aber gut verständlich. Dadurch etwas entspannter, begann der Anwalt: "Entgleiste jugendliche Güterballons tauchten im Scheinwerferlicht auf." Schon unterbrach ihn das Mädchen und verbesserte: "So drückt man sich nicht mehr aus. Heute sagt man: 'Fehlgeleitet der Ballone von Waren der Jugend entstand im Bündel des Projektors.' Aber ich verstehe, was Sie meinen. Fahren Sie fort." Auf der Grundlage ihres bilingualen Verständnisses erteilte sie dem Anwalt dann den Rat: "Lassen Sie weg die Linie der Ballone der Waren von Jugend im Strahl des Lichtes des Projektors, wenn die Notwendigkeit ist."

Die Not des Anwalts wurde dadurch indessen nicht gelindert, sondern griff sogar aufs Vorhemd über. Und zur vorbestehenden Not kam dann zu allem Überfluß noch der pausenlose Schneefall auf dem abscheulichen Mond hinzu. Oder, wie das Ratgeber-Mädchen gesagt hätte: "Der Rechtsanwalt fügte noch ununterbrochenen Schnee im schrecklichen Mond hinzu."

"Der Schnee bestand aus Fleisch", berichtete der Anwalt später, "aus klumpigem Fleisch." Dann zog er sich in sein enges Badezimmer zurück, um auf einem kleinen Schwarzweiß-Monitor die Nachfahren der entgleisten jugendlichen Güterballons zu überwachen. Denn das war inzwischen seine Profession. So jedenfalls sprachen die Glühbirnen zu einander, als es dunkel war.

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Es geht immer besser


 

Auf vielfachen Wunsch zum neunten Mal:

Not und Rat in dunkler Zeit (1. Teil)

Es fing an an zur Zeit der Mondprojektionen. Für diejenigen, die zu jung sind, um sich daran erinnern zu können, möchte ich dankenswerterweise hinzufügen, daß die Zeit der Mondprojektionen auch die Zeit der Diskussionen über Glühbirnen war. Oder der Diskussionen unter Glühbirnen, denn nicht wenige Menschen gebrauchten damals, dem neuen Sprachgebrauch entsprechend, die uns heute unsachlich anmutende Formulierung "das Gespräch der Glühbirnen, als es dunkel war". Schon damals konnte sich niemand etwas darunter vorstellen, deshalb wurde zur endgültigen Klärung des Begriffs sowie der Folgen ein Rechtsanwalt hinzugezogen. Am Rande sei noch angemerkt, daß die Zeit, um die es hier geht, auch die Zeit der ungezügelten Rechtsanwaltsvermehrung war. Nun ist hiermit also erschöpfend dargelegt worden, wann es anfing. "Und dann?" werden diejenigen fragen, die zu jung sind, um sich daran erinnern zu können. Dann ging es weiter, antworte ich. Entgleiste jugendliche Güterballons tauchten im Scheinwerferlicht auf. Ihr Anführer trat vor und verlangte mit dampfendem Atem, einen Anwalt zu sprechen. In einer Zeit der ungezügelten Rechtsanwaltsvermehrung schien es ganz selbst verständlich, daß es auch einen für die Belange entgleister jugendlicher Güterballons geben mußte. Der einzige Anwalt auf dem ganzen verdammten Projektionsmond war aber der, den man zur weiter oben erwähnten Begriffsklärung hinzugezogen hatte. Und der war deshalb nichts weniger als entzückt, sondern nichts mehr als entsetzt. Nun auch noch entgleiste jugendliche Güterballons vertreten zu müssen, war einfach zu viel für ihn. Nachts lief er in seinem engen Badezimmer auf und ab, immer wieder denselben Satz wiederholend: "Ich wiederhole: Es ist alles viel zu viel!" Daran werden sich einige der jüngeren Leute gewiß noch erinnern (Es gibt aus jüngerer Zeit auch ein Bild mit dem Titel: "Jüngere Leute tauchen im Scheinwerferlicht auf und erinnern sich", Maler unbekannt). An diesem Punkt wußte sich der Anwalt nicht mehr allein zu helfen.

Fortsetzung folgt

Grundlage der ungezügelten Rechtsanwaltsvermehrung

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Verhalten bei Gesang


 


Die Fabrik stand in einem ganz abgelegenen Landstrich, am Rand einer kleinen Stadt. Schon aus der Ferne machte das Gebäude einen maroden Eindruck, offenbar wurde seit langem nichts mehr darin produziert. Durch eine defekte Tür gelangte ich ins Innere, wo ich mit total verwüsteten Räumlichkeiten konfrontiert wurde. Alles war verschimmelt, der Boden übersät mit Glassplittern und Schrott, mitten in der Halle, zwischen eingestürzten Mauern, breitete sich ein See aus. Es stank nach Moder und Verwesung.
Ich war froh, wieder ins Sonnenlicht hinauszutreten. Da sprach mich jemand an, ein Mann in Zivilkleidung, der sich als Kriminalkommissar auswies. Er wußte erstaunlicherweise nicht nur meinen Namen und daß ich jetzt hier anzutreffen war, sondern auch, daß ein Freund von mir vor seinem Tod irgendwo im Ort eine Wohnung angemietet, dieselbe jedoch nicht bewohnt hatte. Gleichwohl war er in eben dieser Wohnung tot aufgefunden worden. Bevor ich mich erkundigen konnte, woher ihm all das bekannt war, teilte der Kriminalkommissar mir mit: „Ich muß Ihnen etwas zeigen, das in direktem Zusammenhang mit dem Tod Ihres Freundes steht.“ Damit machte er mich ausgesprochen neugierig. Also willigte ich ein, ohne Fragen zu stellen. Vor einem langweilig aussehenden Haus in der kleinen Stadt hielten wir und stiegen aus. Ein alter Mann, der anscheinend zufällig vorbeikam, blieb stehen und sagte zu uns: „Entschuldigung, ich habe früher einmal in diesem Haus gewohnt. Jetzt sehe ich, daß da eine Wohnung leersteht. Wird das Haus abgerissen?“ Der Kriminalkommissar antwortete nur ganz kühl, davon sei ihm nichts bekannt. Ich entsinne mich, daß er dann die Haustür aufschloß, und daß wir beide ein paar Treppen hinaufstiegen. Im zweiten oder dritten Stockwerk öffnete der Kommissar die Etagentür, dann betraten wir die Wohnung, diese ungeheuerliche, völlig abwegige Wohnung. Mir stand der Mund offen. Mein Begleiter sah auf seine Uhr. „Wir dürfen nicht zu lange bleiben“, erklärte er mir, „es ist noch immer wirksam.“ Er führte mich in das Zimmer, wo die Leiche in einem allen Naturgesetzen spottenden Zustand gefunden worden war.
Nachdem wir die Wohnung wieder verlassen hatten, gestand ich, absolut nichts begriffen zu haben. „Kein Mensch begreift hier etwas“, erwiderte der Kommissar kopfschüttelnd, „aber ich dachte, ich zeige es Ihnen einmal.“

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Pfingsten mit Gummihandschuhen

 


 

Die Antarktis-Gegner („Die Antarktis muss weg!“) verbünden sich, alles Trennende überwindend, mit den Feinden der Arktis. Gemeinsam schaffen sie Nord- und Südpol ab.


 

Das Allernötige (Gedicht aus von DLF und WDR 3 gesendeten Originalblüten)

Werfen wir einen Fokus auf die Sorge vor dem Allernötigen.
Sie ist hoch.
Hoch wie die Faszination am Sozusagenen.
Sie steckt allen noch in den Kleidern.
Zum Archiv über das Leben haben wir keine Übersicht,
Doch die Gefangenen sind auf freien Füßen,
Und es fallen Schauer und Gewitter.


 

Himmlische Macht des Plattenspielens

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Eine, wie sagt man, Verkehrskontrolle (2. Folge und Beschluß)

Widerwillig sich in sein Schicksal ergebend, ließ Zimmerwald die Scheibe der Fahrertür hinunter. Die beiden Spielverderber in Verkehrspolizistengestalt steckten die Köpfe ins Wageninnere. Der erste sagte: "Guten Morgen, wir sind die, na, wie heißt das noch gleich?"
"Polizei?" schlug Zimmerwald, trotz allem hilfsbereit, vor. Erfreut rief der seines Berufs nicht ganz Sichere: "Genau! Woher wissen Sie das?" Aufs bewundernswerteste antwortete der von mir bereits seit Jahrzehnten bewunderte Zimmerwald ohne zu zögern: "Wir sind selbst Polizisten." "Echt?" riefen die beiden simultan. "Nein", gab Zimmerwald bescheiden zu, "ich hab nur Spaß gemacht."
Jetzt waren sie allerdings wachsam geworden. Man merkte es an der sogleich folgenden spitzfindigen Frage des Beamten: "Haben Sie was getrunken?"
"Nur ein Vorsorgeschnäpschen", erwiderte Zimmerwald. 

Der andere Polizist, der bisher noch nicht viel geäußert hatte, erkundigte sich unvermittelt ausgerechnet bei mir: "Dann sind Sie wohl der … na, der Dings … der Beifahrer?"
"Ich lenke", sagte ich, vielleicht gab ich aber auch an, Gas, Kupplung und Bremse zu bedienen. In der nächsten Sekunde dämmerte mir, wie problematisch eine derartige Auskunft aus dem Mund eines möglicherweise auf der Rückbank Sitzenden war, doch schien das gar nicht aufzufallen. Vielmehr fragte der Polizist, der die Unterhaltung eröffnet hatte, nun ganz unverblümt: "Können Sie uns fünftausend Euro geben?" Mir stockte der Atem, indessen Zimmerwald vergnügt konterte: "Nehmen Sie auch zehntausend?" Wie aus einem Munde riefen da die beiden: "Diese Antwort ist richtig!"

Unsere angedeutete Zahlungsbereitschaft schien ihnen auszureichen, ans Eintreiben des Geldbetrags dachten sie nicht. Im Gegenteil, sie wiesen uns mit vornehmen Gebärden an, unsere Reise fortzusetzen. Der erste Polizist rief uns geradezu liebevoll nach: "Gute … na, wie heißt das gleich wieder?"
"Fahrt!" ergänzte der zweite.

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Eine, wie sagt man, Verkehrskontrolle (1. Folge)

Nachdem wir bei der blöden Party Wurstscheiben in die Bücher des Gastgebers gesteckt und allen Alkohol ausgetrunken hatten, fuhren Zimmerwald und ich, wie wir das bei solchen Gelegenheiten immer taten, in Zimmerwalds Kleinwagen heim, das heißt, er übernahm Lenkrad und Gangschaltung, ich vom Rücksitz aus mit einem Stock die Pedale, weil der Fahrer ihnen ihre jeweilige Funktion nicht mehr korrekt zuordnen konnte und überdies seine Unterschenkel kaum noch spürte. Doch will ich mich da im Rückblick nicht einseitig festlegen, es ist nämlich ebenso gut möglich, dass ich es war, der lenkte, weil Zimmerwald nichts mehr sah und lediglich noch auf Zuruf die Pedale zu treten vermochte. Wie es nun tatsächlich gewesen ist, dürfte sich wohl nicht mehr feststellen lassen. Es ist für das hier zu Berichtende auch nicht wichtig, geschweige denn entscheidend. Wir rollten oder fuhren also dahin, gar nicht recht wissend wie. Unsere Stimmung war weit davon entfernt, "gedrückt" oder "niedergeschlagen" genannt werden zu müssen. Zimmerwald für seine Person wirkte beschwingt, er phantasierte kreischend von etwas, das, wenn ich mich zutreffend erinnere, klang wie "Lubrikation nach Gutsherrenart". Ich selbst stellte bei einer spontanen Überprüfung meines Gemütszustands fest, dass ich gar nicht an Suizid dachte, also musste ich erheblich betrunken sein. Darauf hätte ich gern mit Zimmerwald angestoßen, aber leider war nichts Geeignetes zur Hand. In der trostreichen Gewissheit, immerhin schon einiges verzehrt zu haben, reisten wir wohlgemut immer weiter, wenn auch unklar war, wer dabei welche Funktion ausübte (s.o.). Doch mit einemmal wurde unsere so reibungslos funktionierende Fahrverrichtung empfindlich gestört, wenige Augenblicke später kam sie gar völlig zum Erliegen. Wir prallten gewissermaßen gegen den Umstand, jählings mit einer Verkehrskontrolle konfrontiert zu sein! Ich kann mich sogar erinnern, dass einer von uns, vielleicht sogar beide, das Wort aussprachen: Verkehrskontrolle. Zwei uniformierte Polizeibeamte, die bis jetzt gelangweilt neben ihrem Einsatzwagen gestanden hatten, hielten uns an. Sofort wünschte ich wieder, tot zu sein, Zimmerwald knurrte: "Hier irrt Gott!" – kein Zweifel, die Stimmung war dahin. Auf unsere wie auch immer im Detail geartete, jedenfalls aber arbeitsteilige Weise brachten wir den Wagen an der Bordsteinkante zum Stehen.

Aktuelle Startcartoons

Heftrubriken

Briefe an die Leser

 Bombe, Marie-Agnes Strack-Zimmermann,

was Sie als unangefochtene FDP-Dauerrednerin in der Bunten über Ihre Familie sagten: »Ich habe wunderbare Kinder, Schwiegerkinder und Enkelkinder und den großartigsten Mann der Welt.« Schön, schön. Aber warum? Sind die alle bewaffnet?

Fragt sich mit erhobenen Händen

Ihre Titanic

 Sauber, Annalena Baerbock!

Sauber, Annalena Baerbock!

»Wenn ich nicht wählen gehe, dann stinkt es. Dann wird es braun«, werden Sie von der Bild zitiert. Weiter: »Wer überlegt, welches Waschmittel er kauft, kommt auch nicht auf die Idee, die Wäsche gar nicht mehr zu waschen – weil wir verstanden haben, dann wird es dreckig, und dann stinkt’s. Und genauso ist es in der Demokratie.«

Ein Vergleich, der sich gewaschen hat – porentiefreine Poesie! Bei dem Talent sollten Sie ernsthaft in Erwägung ziehen, es dem Kollegen Habeck gleichzutun und sich an Ihren ersten Roman zu setzen.

Meint und grüßt beeindruckt

Ihre Titanic

 Du, Mey & Edlich,

preist ein sommerlich überteuertes Leinenhemd mit den Worten an: »Stellt bei Hitze keine Fragen.« Und bei Kälte? Wispert es da herbstlich aus der Achsel: »Könnte mal bitte jemand das Fenster schließen?« oder »Warum macht die Knopfleiste nicht einfach ihren Job, die faule Sau?« Wäre für uns das ganze Jahr ein Kaufargument!

Deine Modeflüster/innen von der Titanic

 Dass gerade bei Dir, »ARD One«,

die Schweizer Miniserie »Doppelleben« läuft, macht das Zuschauen nur halb so unterhaltsam.

Ein (!) Beitrag von der Arbeitsgemeinschaft der Titanic-Rundfunkanstalten

 Griaß Godd, baden-württembergisches Verkehrsministerium!

Ja, die schwäbische Tradition der Kehrwoche ist uns durchaus bekannt. Trotzdem wäre es uns lieber gewesen, Du hättest in Deiner Antwort auf die Anfrage des SPD-Landtagsabgeordneten Jan-Peter Röderer darauf verzichtet, eine »desolate Sauberkeit« der Toiletten der Deutschen Bahn zu bemängeln. Allein schon aus Gründen der Sprachhygiene.

Besticht durch desolate Genauigkeit: Titanic

Vom Fachmann für Kenner

 Offene Fragen

Wenn man älter wird – also nicht mehr jung, aber noch nicht tot ist –, fängt man unweigerlich an, sich Gedanken über die noch offenen Fragen im Leben zu machen. Eine meiner: Was hat es mit dem Lied auf sich, das mir in meiner bedauerlicherweise in der Pfalz verbrachten Kindheit und Jugend immer wieder begegnet ist? Vorgetragen von Alkoholisierten verschiedenen Alters: »Wichs am Bee, wichs am Bee / Fasnacht is schon lang nimee« – zur Melodie des Narhallamarsches. Neben dem faszinierenden, aber eher unwichtigen Umstand, dass es im Pfälzischen möglich ist, »nicht mehr« auf »Bein« zu reimen, treibt mich die Frage um: Was genau bedeutet das: »Wichs am Bee, wichs am Bee / Fasnacht is schon lang nimee«? Liege ich richtig in der Annahme, dass der Autor dieses Liedes bedauert, sich selbst befriedigen zu müssen, weil die Fastnacht vorüber ist und – vermutlich – nicht mehr genug vom Alkohol derangierte Menschen verfügbar sind, um Sexualpartner abzugeben? Und wenn das so ist: Warum singen das so viele Leute nach? Ist das etwas, das vielen Pfälzer Männern so geht? Warum schaffen es pfälzische Männer außerhalb der Fastnacht nicht, Geschlechtsverkehr zu haben? Gut, am absolut sexualfeindlichen Dialekt könnte es liegen. Aber selbst dann bleibt die Frage: Warum wichst sich der Pfälzer aufs Bein? Um dann die Abwesenheit der sexbringenden Fastnacht zu beklagen – in Form der Fastnachtsmelodie schlechthin?

Man sieht: Es sind noch genug Fragen offen, dass wir nicht sterben müssen. Bitte beantworte sie niemand!

Tim Wolff

 Beim Marktstand mit dem schlechten Verkäufer

»Entschuldigung, dürfte ich die zwei Gurken da hinten links haben und drei kleine Äpfel?«

»Nein!«

Laura Brinkmann

 Klare Empfehlung

Dank der Paarberatung gelang es uns, unsere Beziehung gemeinsam sanft und behutsam in die Tonne zu legen anstatt zu kloppen.

Leo Riegel

 »This could have been Emaille«

Wenn mein Freund wieder einmal sein viel zu teures Porzellan-Geschirr auftischt.

Ronnie Zumbühl

 Aufschieberitis

Ich schiebe alles gern auf, inzwischen sogar Erkrankungen: Der Nephrologe zeigte sich höchst erstaunt, wie lange ich schon an einer behandlungsbedürftigen Nierenbeckenentzündung laboriert haben musste, bis diese sich schließlich schmerzhaft bemerkbar gemacht und mich zu ihm geführt hatte. Wahrscheinlich leide ich an Prokrastinieren.

Thorsten Mausehund

Vermischtes

Erweitern

Das schreiben die anderen

Titanic unterwegs
02.07.2024 München, Astor Kino Filmpremiere »Hallo Spencer – der Film«
17.07.2024 Singen, Gems Thomas Gsella
19.07.2024 Hohwacht, Sirenen-Festival Ella Carina Werner
04.08.2024 Frankfurt/M., Museum für Komische Kunst Die Dünen der Dänen – Das Neueste von Hans Traxler