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Gsella am Donnerstag

Winterliches Elende
Nach Andreas Gryphius (1616 - 1664)

Was sind wir Menschen doch! Ein Wohnhaus kalter Füße,
Ein Spielball klirren Frosts, ein Kind der stillen Zeit,
Ein Schauplatz aller Wetterwiderwärtigkeit,
Da noch im Mund gefriern die wärmsten Liebesgrüße.

Wie ein Soldat marschiert das Eis durch weiße Flüsse,
Und in den harten Seen liegt manches Menschenkleid.
Vom tiefsten Wintertag ist hoher Sommer weit,
Und auf den Märkten gibt es kaum noch Kokosnüsse.

Was itzund Atem holt, wird unversehens krank,
Wie auch sein Name sei: John, Gertrud oder Frank,
Da helfen nicht mal mehr die Deichmann-Schafsfellsohlen.

Ach weh, geplündert liegt und leer der Kleiderschrank!
Wer jetzt noch Taler hat, der holt sie von der Bank
Und flieht die kalte Welt, vorzüglich Richtung Polen.

Thomas Gsella (1958 - 2011)

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Gsella am Donnerstag

Kulturhauptstadt Ruhrgebiet (1)
ESSEN

 
Man zieht nicht hin. Man wird dorthin gebracht
Nach einem letzten Urteil ohne Milde.
Man bringt in diese höllischen Gefilde
Nur schlimmste Mörder in verfluchter Nacht.

Sie sind in Ketten, dutzendstark bewacht,
Und führen gleichwohl Schreckliches im Schilde.
Und Wachmannschaften wähnen sich im Bilde
Und werden mannschaftsweise umgebracht.

Denn alles Menschsein hat sich längst vergessen
An diesem Ort, den jeder Mörder kennt.
"Die Sträflingsstadt". Wer will das Leid ermessen.

Hautkranke Ratten werden roh gegessen.
So jubelt grad der schlimmste Delinquent
Bei diesem Urteil: "Zwanzig Jahre Essen"

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Gsella am Donnerstag

Butter weg? Birne ab?


Eine stolze dreißigprozentige Hartz IV-Kürzung
verlangt der Wirtschaftsweise Wolfgang Franz.
Eine läppische fünfzehnprozentige Wolfgang-Franz-Kürzung,
wörtlich: "Fairkürzung"
verlangen "Die Wirtschaftsweisen auf Hartz IV e. V."
Wer also
hat
recht…?

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Gsella am Donnerstag

Vermutlich? Bestimmt!

Nicht nur, weil ich den Reim perfekt beherrsche:
Ihr seid vermutlich Ärsche ihr da oben.

Und gleichfalls euch da unten will ich loben:
Ihr habt vermutlich einen an der Kersche -

So todesmutig schimpft auf Schwein und Schleimer
zur Zeit vermutlich weltweit nur  ein  Reimer.

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Gsella am Donnerstag

Der Weise auf Reise

oder
Nach einer umjubelten Lesung in Eupen (Deutschbelgien)


Nicht den, der alles kaufen kann,
bezeichnen wir als armen Mann,
denn arm ist nur, wer außer Geld
auch’s Glück in seinen Händen hält
nebst Glanz und Ruhm. All dies ist Mein,
ja himmelarsch, ich armes Schwein.

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Gsella am Donnerstag

Selbstgespräch um Mitternacht

 

Ogottogott, wie bin ich wieder blau.

Wie zischt' ich wieder wie ein Irrer Biere!

Zwar weiß ich heute abend um die schiere

Baumgroße Not von morgen früh, helau;


Und weiß auch um die Kürze meiner Nacht,

Allweil mein Rausch die andern nicht benebelt.

Doch wird dies Wissen praktisch ausgehebelt

Von just dem Zeug, das mich so wissend macht!

 

Gesetzt jedoch den Fall, ich tränke nicht:

Darf denn sein Wissen für Gesundheit geben

Ein kluger Mensch? Nein, ich gedenke nicht,

 

Mit einem klaren dummen Kopf zu leben.

Es weiß nur der, der heute trinkt, sehr gut,

Daß morgen eine Birne brummen tut.

Aktuelle Startcartoons

Heftrubriken

Briefe an die Leser

 Tagesschau.de!

»Sei nicht immer so negativ!« wollten wir Dir schon mit auf den Weg geben, als Du vermeldetest: »Juli stellt knapp keinen Temperaturrekord auf«. Auf Schlagzeilen wie »Zehnkämpfer Leo Neugebauer erringt in Paris knapp keine Goldmedaille«, »Rechtsextremer Mob erstürmt im nordenglischen Rotherham knapp kein potentiell als Asylunterkunft genutztes Hotel« oder »19jähriger Islamist richtet bei Taylor-Swift-Konzerten in Wien knapp kein Massaker an« hast Du dann aber doch verzichtet.

Es gibt sie also noch, die positiven Nachrichten.

Vor allem von Titanic

 Kunststück, »Welt«!

Im Interview mit der Rheinischen Post beschwerte sich Sängerin Cyndi Lauper darüber, dass Frauen ständig auf ihr Alter reduziert würden. Aus diesem Statement hast Du, Welt, nicht nur geschafft, einen ganzen Artikel zu stricken, Du hast auch noch äußerst subtil Deinen eigenen Standpunkt zur Causa klargemacht und Laupers Aussage folgendermaßen zusammengefasst: »Popsängerin Cyndi Lauper hält es für sexistisch, Frauen nach ihrem Alter zu fragen: ›Alter ist eine Kategorie, die benutzt wird, um uns kleinzuhalten‹, sagte die 71jährige.«

Wie clever von Dir! Indem Du das Alter genüsslich anmerkst, hast Du es der meckernden alten Frau aber mal so richtig gezeigt! Andererseits: Es nötig zu haben, aus Interviews anderer Zeitungen Artikel zusammenzukloppen – lässt das nicht Dich und Deinen angeblichen journalistischen Anspruch auch ziemlich alt aussehen?

Fragt Dein greises Kollegium von Titanic

 Hä, focus.de?

»Deutschlands Wirtschaft wankt«, berichtest Du und fragst: »Warum will die Ampel das einfach nicht sehen?« Ähem: Vielleicht wird der Bundesregierung da ja schlecht, wenn sie zu genau hinschaut. Hast Du darüber schon mal nachgedacht?

Üble Grüße von Titanic

 Huhu, »Tagespost«, Würzburg!

Du bist die einzige überregionale katholische Wochenzeitung in Deutschland und freust Dich in einem Kommentar, dass die Deutsche Bischofskonferenz die spektakuläre Eröffnungszeremonie der Olympischen Spiele in Paris verurteilt, weil auch sie in dem dort veranstalteten Bacchanal eine Abendmahlparodie gesehen haben will. Du hältst es jedoch für überflüssig, dass die Bischöfe dabei meinen, »zur Rechtfertigung ihrer Kritik auf die religiösen Gefühle anderer Religionen Bezug nehmen zu müssen. Warum nicht einfach die blasphemische Verhöhnung Christi und jenes Abends, in der das Sakrament der Eucharistie eingesetzt wurde, in aller Deutlichkeit und Direktheit verurteilen?« Exakt!

In welcher Form soll dies geschehen, was schlägst Du vor? »Gefragt wäre freilich keine künstliche Empörung, kein moralisches Aufplustern, sondern der authentische Ausdruck der Überzeugung, dass Gott seiner nicht spotten lässt, und die wohl schlimmste Sünde, die ein Mensch begehen kann, die Gotteslästerung ist.«

Waaas, Tagespost? Gotteslästerung schlimmer als Hostiendiebstahl, Kreditkartenbetrug und Völkermord? Und sogar schlimmer als Unzucht, Abtreibung und Selbstbefleckung?

Wenn Du das so siehst, dann kündigt wutschnaubend das Abo: Titanic

 Ach, Andrea Munkert,

da bezahlt Sie das Nürnberger Stadtmarketing dafür, vom innerstädtischen Elend abzulenken und eine verschnarchte Ecke namens Weinmarkt in himmlische Höhen zu loben – und was tun Sie? Sie schreiben: »Nürnberg – Während in den Einkaufsstraßen in der Innenstadt der Leerstand jault, pulsiert in einem neugestalteten Altstadt-Quartier das pralle Leben. Der Weinmarkt ist erwacht, erblüht – und so ganz anders als der Rest der Altstadt.«

Jaulender Leerstand – wer kennt’s nicht vom Besuch quasi jedweder Innenstadt? Wie ebenfalls üblich schläft der Rest der Altstadt, verwelkt, ja verdorrt gar krachend. Und wenn man genau hinhört, grunzt da nicht auch ein wenig die Aufenthaltsqualität? Aber wenn erst die Mieterhöhung singt und die Immobilienspekulation trommelt, dann ist die Stadt sicherlich wieder hellwach.

Heult still in sich hinein: Titanic

Vom Fachmann für Kenner

 Schierlingsbücher

Kaum jemand erinnert sich an das allererste selbstgelesene Buch. War es »Wo die wilden Kerle wohnen« oder doch Grimms Märchen? Schade, denke ich mir. Es könnte eine Wegmarke in die wunderbare Welt der Bibliophilie sein. In meiner Erinnerung wabert stattdessen leider nur ein unförmiger Brei aus Pixibüchern. Diesen Fehler möchte ich am Ende meines Leselebens nicht noch einmal machen. Und habe mir das Buch »Essbare Wildpflanzen« bestellt.

Teresa Habild

 Schock total

Wenn im Freibad dieser eine sehr alte Rentner, der sich beim Schwimmen kaum fortzubewegen scheint, der bei seinen zeitlupenartigen Zügen lange untertaucht und von dem man dachte, dass er das Becken schon vor langer Zeit verlassen hat, plötzlich direkt vor einem auftaucht.

Leo Riegel

 Aus einer Todesanzeige

»Wer sie kannte, weiß was wir verloren haben.« Die Kommasetzung bei Relativsätzen.

Frank Jakubzik

 Abschied

Juckeljuckeljuckel,
Das Meer liegt hinterm Buckel,
Dort vorne, da ist Dover,
Da ist die Reise over.

Gunnar Homann

 Hybris 101

Facebook und Instagram, die bekanntesten Ausgeburten des Konzerns Meta, speisen seit kurzem auch private Daten ihrer Nutzer in die Meta-eigene KI ein. Erst wollte ich in den Einstellungen widersprechen, aber dann dachte ich: Ein bisschen Ich täte der KI schon ganz gut.

Karl Franz

Vermischtes

Erweitern

Das schreiben die anderen

  • 18.09.: TITANIC-Zeichnerin Hilke Raddatz ("Briefe an die Leser") ist mit dem Wilhelm-Busch-Preis geehrt worden. Die SZLZ und der NDR berichten.
Titanic unterwegs
19.09.2024 Berlin, Kulturstall auf dem Gutshof Britz Katharina Greve
19.09.2024 Hamburg, Centralkomitee Hauck & Bauer
24.09.2024 Oldenburg, Jasper-Haus Bernd Eilert
24.09.2024 Stade, Stadeum Hauck & Bauer und Thomas Gsella