Humorkritik
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Humor + Metapher

Wir kommen zur höheren Mathematik: Humor + Metapher = was? Kommt keiner drauf: "Humor + Metapher = Greguería". Und was ist eine Greguería? Laut Wörterbuch zunächst mal das "Gequieke der Ferkel, die hinter der Muttersau herlaufen", des weiteren "verworrenes Geschrei" bzw. "Kauderwelsch". Und das geht so: "Nichts vergißt uns so schnell wie ein Stuhl im Café". Oder: "Der Schwan steckt den Kopf unter Wasser, um zu sehen, ob Räuber unter dem Bett sind." Oder: "Für das Pferd ist das ganze Land eine Trommel." Oder, noch kürzer: "Das X ist der Klappstuhl des Alphabets." Wo der Aphorismus versucht, aus komplexen Problemen allgemeingültige Wahr- und Weisheiten zu gewinnen, destillieren die bizarren Paradoxien der Greguerías aus Gewißheiten Rätsel. Schöpfer dieser ureigenen, allenfalls an Lichtenbergs skurrile Sudelnotate erinnernden Gattung (und ihrer o. g. Definition) ist der spanische Vielschreiber, Feuilletonist, Zirkus- und Trödelmarktliebhaber Ramón Gómez de la Serna (1888-1963), dessen Werk leider weitgehend vergessen wurde - sogar von mir. Bis ich neulich im Antiquariat ihn und seine Greguerías (in der noch lieferbaren Ausgabe der Straelener Manuskripte) wiederentdeckte, und diesen Fund will ich meinen Lesern nicht vorenthalten. Viel Metapher, viel Humor, rätselhaft und subversiv: "Das Schönste wäre, es stellte sich am Ende heraus, daß die Windmühlen keine Windmühlen sind, sondern Riesen." Riese der kleinen Form = Ramón - das wäre eine sehr mißlungene Greguería, aber eine zutreffende Aussage.



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